Wir waren in Parchim am 3. Mai, wie wir später feststellten. Wir kamen aus Pommern und Grüntal/Mark. Und was dann kam, sollen wir noch Tag für Tag wissen! Der 8. Mai war sicher ein Eroberungs-, Plünderungs- und Vergewaltigungstag wie jeder andere seit dem 3. Mai. Woher sollten wir wissen, was am 8. Mai „Großes“ geschah? Den Engländer hatten wir gehofft zu erreichen, aber dann trippelten Panjepferdchen über das Pflaster. „Urräh, Urräh“ (Uhren) und Schreie der Frauen in den Nächten. Die Mädchen wurden hinter Schränken versteckt. An welchem Tag geschah dies oder das? Es gab keine Sondermeldung: „8. Mai, Tag der Befreiung“. Wann erfuhren wir aus der Gerüchteküche, daß der Krieg zu Ende sei? „Gittler kapuut!“ „Wenigstens der“, dachten wir. Die Sowjets vertrieben die Bewohner und Flüchtlinge aus ganzen Straßenzügen. Wo bleiben? Wo findet man etwas zu essen in der fremden Stadt? Der 8. Mai, ein Tag voller Angst und Ungewißheit wie jeder andere, ununterscheidbar. Warum hatte sich der Tommy zurückgezogen? Warum uns den Russen ausgeliefert? Die ganze Fluchthetze umsonst! „Du rettest uns das Leben!“ hatte mein Vater gesagt, als ich die Lenkradschraube aus der Ölwanne unseres Treckers herausfischte, ein paar Minuten vor der Eroberungswalze. Nun waren sie da, die Sieger: „Befreier“? „8. Mai“? Wir waren aus dem Regen in die Traufe gekommen. Monika Guddas, Berlin