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Enosis bleibt die politische Hoffnung

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Drei Jahre, nachdem die Türkei mit dem Friedensvertrag von Lausanne 1923 die internationale Anerkennung ihrer Hoheitsrechte in Kleinasien und Ostthrakien erreicht hatte, postulierte Carl Schmitt (in der Vorbemerkung zur zweiten Auflage seiner Schrift über „Die geistes­geschicht­li­che Lage des heutigen Parlamentarismus“, 1926) unter ausdrücklicher Berufung auch auf das türkische „nation building“: „Jede wirkliche Demokratie beruht darauf, daß nicht nur Gleiches gleich, sondern, mit unvermeidlicher Konsequenz, das Nichtgleiche nicht gleich behandelt wird. Zur Demokratie gehört also notwendig erstens Homogenität und zweitens – nötigen­falls – die Ausscheidung oder Vernichtung des Heterogenen.“ Im Ergebnis der – von Schmitt zur „Illustrierung dieses Satzes“ angeführten – „radikalen Aussiedlung der Griechen“ (und der überlebenden Armenier, die Schmitt nicht erwähnt) zum Zwecke einer „rücksichtslosen Türkisierung des Landes“ waren 1,5 Millionen Griechen Kleinasiens und auf der anderen Seite 450.000 in griechischem Staatsgebiet lebende Türken aus ihrer angestammten Heimat vertrieben worden. Die völkerrechtliche Absegnung dieses „Transfers“ durch den Lausanner Vertrag rief in der „westlichen“ Öffentlichkeit im allgemeinen keinen ernstzunehmenden Protest hervor. Schmitt, in dessen Augen sich 1926 auch „Fascismus“ und Bolschewismus als antiliberal, aber nicht notwendig antidemokratisch darstellten, stand in seiner Bewertung des säkularen türkischen Republikanismus als einer modernen demokratischen Bestrebung damals keinesfalls allein. Das Ziel der Vereinigung (Enosis) bliebt erhalten Die in den ersten Jahrzehnten nach der militärischen Niederlage Griechenlands in Anatolien 1922/23 zeitweilig überwunden geglaubten Konfliktlinien des griechisch-türkischen Antagonismus als einer Auseinander­setzung zwischen zwei unvereinbaren irredentistischen Projekten sollten sich ausgerechnet in der Phase des Ost-West-Gegensatzes fortsetzen – so auch in Gestalt des Konflikts um die Mittelmeerinsel Zypern. Weder das außen­politische „Vermächt­nis“ des türkischen Unabhängigkeitskrieges – die Konstituie­rung eines türkischen National­staates als einer „saturierten“ Macht – noch die Nato-Mitgliedschaft Griechenlands wie der Türkei nach dem Zweiten Weltkrieg vermochten eine Verwicklung Athens und Ankaras in den Konflikt zwischen den (ethnischen) Griechen und Türken Zyperns zu ver­hindern. 1923 hatte die Türkei auf Zypern verzichtet, so daß das Vereinigte Königreich dieses Territorium, welches es bereits ab 1878 verwaltete, zu einer Kronkolonie erklären konnte. Die griechischen Zyprioten gaben jedoch ihrerseits bereits 1931 ihrem Willen, die Vereinigung mit dem griechischen Mutterland („Enosis“) zu verwirklichen, durch einen antikolonialen Volksaufstand Ausdruck. 1954 postulierte Griechenland vor den Vereinten Nationen vergeblich die Verwirk­li­chung des Selbstbestimmungsrechts Zyperns in Form eines Anschlusses an Griechenland, obgleich sich über 95 Prozent der Gesamtbevölkerung Zyperns 1950 in einer Volks­abstimmung für eine solche Vereinigung ausge­spro­chen hatten. Erst Ankaras Intervention 1974 teilte die Insel Die 1955 ins Leben gerufene griechisch-zypriotische Guerilla, die Nationale Organisation Zyprio­ti­scher Kämpfer (EOKA), erfuhr solidarische Bekun­dun­gen von seiten des späteren zypriotischen Staatsoberhaupts, Erzbischof Makarios III., der unumwunden das Recht zum Kampf für die Enosis proklamierte. In den Verträgen von Zürich und London (1959) mußten die Zypern-Griechen unter dem EOKA-General und späteren Nationalshelden Georgios Grivas allerdings nicht nur auf eine Vereinigung mit Griechenland verzichten, sondern sich darüber hinaus auch auf eine „binationale“ Verfassung des dann im August 1960 für unabhängig erklärten zypriotischen Staates verpflichten. Diese räumte der türkisch-zypriotischen Minorität sogar ein Veto-Recht in politischen und rechtlichen Fragen ein, die nicht unmittelbar die Regelung des inter­ethnischen Zusammenlebens beträfen. Als Präsident Makarios im November 1963 eine Verfassungs­revision durchzusetzen trachtete, wurde dies seitens der Zypern-Türken harsch zurückgewiesen, und im August 1964 ordnete Ankara die Bombardierung von Siedlungen der „unbotmäßig“ handelnden Zypern-Griechen an. Die „Internationalisierung“ des Zypern-Konflikts gipfelte 1974 in einem durch die Athener Militärjunta initiierten Putsch gegen Makarios (15. Juli) und dem darauf folgenden militärischen Angriff der Türkei auf den Inselstaat (20. Juli). Diese Militäroperation („Attila I“) rechtfertigte Ankara mit der Absicht, die Verfassung der Republik wieder­herzustellen und den Bestand der türkisch-zypriotischen Bevölkerungs­­gruppe zu garantieren. Ungeach­tet dieser Bekundung leitete die Türkei am 14. August – nach der Wiederherstellung der demo­kratischen zypriotischen Republik (23. Juli) – die Militäroperation „Attila II“ ein, in deren Ergebnis 36,4 Prozent des zypriotischen Territoriums besetzt und 200.000 Zypern-Griechen ihrer Heimat beraubt waren. 1983 vollendete die Ausrufung der „Türkischen Republik Nordzypern“, die ausschließ­lich von Ankara anerkannt wird, die gewaltsame Teilung des Inselstaates. Als im April 1999 – in der Phase des Luftkrieges gegen Jugoslawien – der SPD-Politiker Erhard Eppler postulierte, „jede Rückkehr zur Politik“ müsse „mit der Rückkehr der Flüchtlinge“ beginnen, vergaß er, zu erwähnen, daß das Schicksal der vertriebenen griechischen Zyprioten keineswegs eine „Rückkehr zur Politik“ gegenüber dem Nato-Mitgliedstaat Türkei oder vielmehr – weit darüber hinausgehend – eine enge militärische und politische Kooperation ausschloß. EU hat die türkische Aggression legalisiert Die Zypern-Griechen hingegen sahen sich fünf Jahre später – im April 2004 – durch EU-Kommissar Günter Verheugen als unverbesserliche Hardliner an den Pranger gestellt, als sie in Gestalt eines Referendums dem durch Washington und London protegierten Annan-Plan der Vereinten Nationen eine Absage erteilten. Im Falle der Annahme dieses Plans einer „Wiedervereinigung“ des Inselstaates unter ethno-föderalistischen Vorzeichen hätte die Republik Zypern einer bis 2018 in ihrem Staatsgebiet aufrechterhaltenen türkischen Militärpräsenz sowie einer Einschränkung der Freizügigkeit für die Südzyprioten – einschließlich der aus Nordzypern Geflohenen oder Vertriebenen, denen bis heute ein Rückkehrrecht verweigert wird – zugestimmt. Dies wäre – so Zyperns Präsident Tassos Papadopoulos – einer „Legalisierung“ völkerrechtswidriger Aggressionspolitik gleichgekommen. Foto: Umfeierter Enosis-Politiker Georgios Grivas im November 1960: Legalisierung von Aggressionspolitik

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