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Die Meldung, daß auf Initiative des Dresdner Oberbürgermeisters Ingolf Roßberg (FDP) eine Kommission aus zwölf Wissenschaftlern die Zahl der Opfer ermitteln soll, die am 13. und 14. Februar 1945 bei den alliierten Bombenangriffen ums Leben kamen, muß alle befriedigen, denen an einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der jüngsten deutschen Geschichte gelegen ist.

Bisher schwankten die Zahlen zwischen 25.000 (so der Dresdner Museumsmann Friedrich Reichert in seinem Beitrag in dem 1994 von der Landeshauptstadt Dresden herausgegebenen Buch "Verbrannt bis zur Unkenntlichkeit – Die Zerstörung Dresdens 1945") bis zu 300.000 (so im Jahre 1955 der stellvertretende Vorsitzende des DDR-Ministerrats, Hans Loch).

Unterlagen über eine zeitgenössische amtliche Ermittlung der Toten fehlen; der gelegentlich zitierte "Tagesbefehl Nr. 47" des Befehlshabers der Ordnungspolizei Dresden vom 22. März 1945 liegt im Original nicht vor. Lediglich eine angebliche Abschrift, die aber weder einen Briefkopf noch eine Unterschrift trägt, soll existieren, die als einwandfreie historische Quelle nicht brauchbar ist. So kann es nur verdienstvoll sein, wenn sich eine Gruppe von unbefangenen Wissenschaftlern mit dem Instrumentarium, das für die Erforschung aller Epochen selbstverständlich ist, an die Untersuchung macht, zumal wenn ein so renommierter und international anerkannter Luftkriegshistoriker wie der ehemalige Wissenschaftliche Direktor des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Horst Boog, ihr angehört.

Uminterpretation deutscher Täter zu Opfern entgegnen

Allerdings müssen Bedenken über den ernsten Willen zur Objektivität jedenfalls jener entstehen, die die Kommission einberufen haben, wenn man die einzige längere Veröffentlichung über die Bildung des Historikergremiums liest. Sie ist am 25. November in der Sächsischen Zeitung erschienen und geht offenkundig zurück auf Angaben des Büros des Dresdner Oberbürgermeisters, das sich ansonsten auffallend zurückhält, wenn andere Publizisten um Auskünfte über Zusammensetzung und Ziel der Kommission bitten.

In der Sächsischen Zeitung ist nicht die Rede davon, daß die Kommission ergebnisoffen den Fakten nachspüren soll. Sie soll vielmehr dem "europaweit bemerkenswertesten und haltlosesten Versuch einer Uminterpretation von deutscher Täter- in Opferschaft" (so wörtlich der Bericht) entgegentreten.

Dieses unternähmen nämlich "hemmungslos … rechtskonservative und neonationalistische Kreise", indem sie sich mit den bisher von der Stadt Dresden veröffentlichten Opferzahlen (25.000 bis 35.000) nicht zufriedengeben, sondern höhere Zahlen nennen – Zahlen zudem, die auf "noch von der NS-Propaganda gefälschten Informationen basieren". Solchen ebenso "dreisten wie gefährlichen Instrumentalisierungen will die Stadt Dresden durch eine einzigartige Aktion vorbeugen". In diesem Jargon, dessen politische Positionierung offenkundig hervortritt, geht es weiter.

Prüft man die Unterlagen, erweisen sich solche Behauptungen als haltlos. Die höchste aller behaupteten Totenzahlen lieferte 1955 die SED, deren Nachfolger als PDS heute noch im Stadtrat von Dresden sitzen, als Loch von 300.000 toten Dresdnern sprach. Am 2. Dezember 1974 nannte der Schriftsteller Rolf Hochhuth, der einer Zugehörigkeit zu "Rechtskonservativen und Neonationalisten" eher unverdächtig ist, in einem Interview im Deutschen Fernsehen die Zahl von 202.000 Opfern in Dresden.

Und wenn der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Dresden sich empört über veröffentlichte hohe Zahlen, dann möge er zunächst in seinem eigenen Rathaus nach dem Rechten sehen. Die "Landeshauptstadt Dresden – Stadtverwaltung – Amt für Protokoll und Auslandsbeziehungen" antwortete im Jahre 1992 auf Anfragen nach der Zahl der Bombenopfer auf amtlichem Briefbogen, daß "nach gesicherten Angaben" bis zum 20. März 1945 "202.040 Tote, überwiegend Frauen und Kinder, geborgen" worden seien. Weiter die Landeshauptstadt Dresden: "Davon konnten nur etwa dreißig Prozent identifiziert werden. Einschließlich der Vermißten dürfte eine Zahl von 250.000 bis 300.000 Opfern realistisch sein. Entsprechende neue Forschungen sind noch nicht abgeschlossen."

Ergebnis bei etwa 25.000 bis 35.000 Opfern

Und wenn in dem Zeitungsbericht behauptet wird – und auch das dürfte vom Büro des Oberbürgermeisters ausgehen -, man müsse damit "von der NS-Propaganda gefälschten Informationen" entgegentreten, dann ist auch das aus der Luft gegriffen. Bis Kriegsende hat die deutsche Seite überhaupt keine Opferzahlen veröffentlicht, was auch verständlich ist, da die deutsche psychologische Kriegführung kein Interesse daran haben konnte, überhöhte Zahlen in Umlauf zu bringen, hätten sie doch dazu beitragen können, die Moral der Zivilbevölkerung zu beschädigen.

So sehr es begrüßt werden müßte, wenn wirklich kompetente Fachhistoriker, Brandsachverständige, Bevölkerungswissenschaftler usw. sich der Frage annehmen, wie viele Opfer die alliierten Luftangriffe im Februar 1945 auf Dresden wirklich gekostet haben, so sehr müssen jetzt schon Bedenken wach werden. In der Sächsischen Zeitung ist nämlich zu lesen, man gehe davon aus, daß die Kommission die bisher von der Stadt Dresden genannten Opferzahlen 25.000 bis 35.000 bestätigt: "Innerhalb dieser Grenzen dürfte sich auch das Ergebnis der Kommission bewegen."

Diese Interpretation des Dresdner Rathauses läßt Schlimmes befürchten. Wenn die Kommission nicht ergebnisoffen arbeiten kann, dann sollte man sich solche Scheinaktivitäten sparen. Die konstituierende Sitzung der Kommission hat bereits stattgefunden. Man geht davon aus, daß sie etwa ein Jahr benötigt, um Ergebnisse vorzulegen. Hoffentlich werden das nicht solche sein, die die politische Korrektheit verlangt.

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