Vom 15. bis 19. September findet in Jena die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) statt. Was geht uns das an? Handelt es sich hier nicht um unverständliche und für den Laien belanglose Spezialthemen? Abgesehen natürlich von den Menschen, die eine solche Behandlung in Anspruch nehmen, als da sind Epileptiker, Schlaganfallpatienten, Parkinsonkranke, demente Senioren oder Leute mit Schlafstörungen ungeklärter Ursache. Jeder hat schon einmal vom „Schlaflabor“ gehört. Dort werden Elektroden – elektrische Leiter – auf dem Kopf verteilt, um die im Verlauf der Nacht auftretenden Hirnströme zu messen. Sie sind als Kurve mit unterschiedlich langen Ausschlägen darzustellen. Daraus läßt sich zum Beispiel ablesen, ob der Patient die verschiedenen Schlafphasen regulär durchläuft. Inzwischen jedoch blickt man tiefer in das arbeitende Hirn. Nicht bloß die Aktivität wird gemessen, sondern auch der Ort ihrer Tätigkeit. Statt der Kurve erhalten wir also ein dreidimensionales Bild. Jeweils dort, wo das Denken gerade stattfindet, leuchten farbige Flecken auf: die einzelnen Hirnareale, wo spezifische Denkleistungen angesiedelt sind. Das nennt man „funktionelle Bildgebung“. Technisch beruht das Verfahren auf komplizierter Teilchenphysik, deren Verständnis wohl auch Medizinern Mühe macht. Dafür können aber Neurologen mit solchen Bildern viel anfangen, wenn es um die Diagnose und Beurteilung oben genannter Krankheiten geht. Sie können sogar über das Verfahren der „Magnetstimulation“ gezielt Hirnareale „anwählen“ und deren Reaktion testen, ohne daß der Patient darunter leidet. Die besondere Schwierigkeit bei der Hirnforschung sind spezifisch menschliche Fähigkeiten, wofür Tierversuche nicht in Frage kommen. Trotzdem wird das Wissen um die Schaltungen, die alle unsere inneren Regungen steuern, immer genauer. Die Neurophysiologie erforscht auch, woraus diese Nerven bestehen und wie die Reiz-Weiterleitung biochemisch vonstatten geht. Dies wird jedoch auf dem Kongreß nicht thematisiert, sondern es geht um Möglichkeiten der medizinischen Anwendung, daher „klinische“ Neurophysiologie. Der Gesunde fragt sich noch immer: Was geht das mich an? Doch wer würde nicht gern einmal das eigene Denken und Fühlen am Bildschirm beobachten? Die funktionelle Bildgebung macht’s möglich. Bisher muß man sich zwar erst eine entsprechende Krankheit zulegen, um Zugang zu den teuren Apparaturen zu bekommen. Doch schon bald könnte es anders sein. Wir schalten den Computer ein, befestigen die Elektroden am Kopf und schauen erst mal, ob im Oberstübchen alles o.k. ist. Auf keinen Fall sollten Sie die Podiumsdiskussion am ersten Kongreßtag versäumen: „Warum wächst und schrumpft das Gehirn?“