HALLE. Die Zahl der Insolvenzen ist im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich gestiegen. In den drei Monaten waren 4.237 Unternehmen betroffen. Dies entspricht einem Zuwachs von 14 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal des vergangenen Jahres, wie aus einer Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH) hervorgeht.
Alles in allem machten schon 2024 so viele Firmen pleite wie seit 2015 nicht mehr – damals gab es 23.101 Unternehmensinsolvenzen. Das Wirtschaftsinstitut prognostiziert für 2025 eine weitere Zunahme. Bereits im Januar dieses Jahres stiegen die Insolvenzen von Betrieben schon um 12,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat an. Der März 2025 lag mit fast 50 Prozent über dem Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019 auf einem neuen Rekordhoch.
Laut IWH wurde im ersten Quartal dieses Jahres in wichtigen Branchen ein „absoluter Höchststand“ verzeichnet. Die meisten Jobs waren demnach in der Industrie betroffen. Aber auch das Bauwesen, der Handel und sonstige Dienstleistungen verzeichneten einen Anstieg von Firmenpleiten.
Viele Jobs durch Insolvenzen in Gefahr
Nimmt man lediglich die größten zehn Prozent der insolventen Unternehmen sind dadurch allein 49.000 Jobs im ersten Quartal betroffen. Das sind doppelt so viele wie im Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019. Im Vergleich zum ersten Quartal 2020, also dem letzten Quartal, dessen Insolvenzgeschehen noch nicht von der Pandemie geprägt war, erfaßte das Institut die meisten Insolvenzen in Bayern (plus 80 Prozent) und Baden-Württemberg (plus 73 Prozent).
Der Leiter der IWH-Insolvenzforschung, Steffen Müller, macht nicht nur die jetzigen gesamtwirtschaftlichen Probleme für die vielen Pleiten verantwortlich. „Extrem niedrige Zinsen haben Insolvenzen über viele Jahre verhindert, und während der Pandemie sind Insolvenzen von bereits zuvor schwachen Unternehmen aufgrund von Stützungsmaßnahmen ausgefallen“, erklärte Müller in der Analyse. „Der Zinsanstieg und der Wegfall der Stützungsmaßnahmen haben ab 2022 Nachholeffekte bei Insolvenzen ausgelöst.“
Die hohen Insolvenzzahlen seien laut Müller zwar schmerzhaft, aber notwendige Marktbereinigungen, die Platz für „zukunftsorientierte Unternehmen“ machen könnten. Der IWH-Insolvenztrend deckt sich mit den amtlichen Zahlen aus der Bundesstatistik, da für seine Analysen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte ausgewertet und mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen verknüpft werden würden. (rsz)