BRÜSSEL. Die EU-Mitgliedsstaaten haben das von der EU-Kommission vorgelegte Lieferkettengesetz mehrheitlich abgelehnt. Demnach hätten europäische Firmen ab 500 Mitarbeitern kontrollieren müssen, ob ihre Geschäftspartner auf anderen Kontinenten die Menschenrechte einhalten und die Umwelt schützen.
Das hätte über die gesamte Wertschöpfung hinweg gegolten – vom Rohstoff bis zum fertigen Zulieferteil. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) sah das neben dem „Green Deal“ als ihr wichtigstes Projekt an. Die fehlende Mehrheit der Mitgliedsstaaten – Deutschland hatte sich aufgrund eines Vetos der FDP enthalten und nur 13 von 27 Staaten stimmten zu – ist kurz vor den Europawahlen eine schwere Niederlage für die CDU-Politikerin.
Lieferkettengesetz gilt nun in Deutschland
In Deutschland gilt es trotzdem. Die Ampelkoalition hatte das Lieferkettengesetz – mit Zustimmung der FDP – für den 1. Januar dieses Jahres in Kraft gesetzt. Allerdings gilt hier eine Obergrenze von 1.000 Mitarbeitern.
Die Wirtschaft atmet auf, daß nun nicht schon Betriebe ab 500 Mitarbeitern nachweisen müssen, ob bei den Partnern, vor allem im globalen Süden, alles mit den Richtlinien der EU konform geht. Doch in Deutschland müssen die größeren mittelständischen Unternehmen trotzdem prüfen, ob widerrechtlich Bäume gefällt oder Kinder bei der Arbeit eingesetzt werden.
Folge: Deutsche Unternehmen ziehen sich aufgrund der nicht zu bewerkstelligenden Aufgabe aus diesen Ländern zurück. Vor allem Rußland und China füllen die Lücke.
Die Wirtschaft zeigt sich erleichtert
Trotzdem herrscht Erleichterung, daß von der Leyen sich nicht durchsetzen konnte. Stefan Wolf, Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, sagte: „Nach mehrwöchigem Hin und Her hat der verkorkste Kompromißtext zur EU-Lieferkettenrichtlinie erwartbar und richtigerweise keine Mehrheit bei den Mitgliedsstaaten gefunden.“ Damit sei der Entwurf vom Tisch.
Auch der Präsident des Bundesverbandes für Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen, Dirk Jandura, zeigte sich zufrieden: „Der deutsche Mittelstand ertrinkt auch ohne zusätzliche Belastungen aus Brüssel in Berichtspflichten und einer Flut von Fragebögen“, sagte er.
Verbittert zeigten sich dagegen SPD und Grüne: „Das Scheitern des EU-Lieferkettengesetzes markiert einen schwarzen Tag für Menschenrechte weltweit“, behauptete Tiemo Wölken, Europaabgeordneter der SPD. „Trotz intensivster Bemühungen war die FDP nicht willens, auf Kompromißangebote einzugehen oder überhaupt ernsthaft zu verhandeln.“ Wölken wirft der Partei „billigen Populismus“ vor. (fh)