BERLIN/MÜNCHEN. Kehrtwende bei Joe Kaeser: Der ehemalige Siemens-Chef und heutige Aufsichtsratsvorsitzende von Daimler Truck sowie Siemens Energy hat Grünen-Politiker Robert Habeck prophezeit, dieser werde „in die Geschichte eingehen als der sympathischste und schlechteste Wirtschaftsminister Deutschlands“.
Der Wirtschaftsführer begründete das im Manager Magazin mit dem „Fiasko um das Heizungsgesetz“ sowie Habecks neuen Vorschlag, der vorsieht, daß der Steuerzahler bei jeder Investition von Unternehmen zehn Prozent übernehmen soll. Kaeser: „Egal, ob alte oder neue Industrie, zukunftsgerichtet oder rückwärtsgewandt. Das ist schon verrückt.“
Bisher hatte Kaeser aus seiner Vorliebe für die Grünen, die radikale Klimabewegung und auch Robert Habeck nie einen Hehl gemacht. Der damals 23 Jahre alten „Fridays for Future“-Sprecherin Luisa Neubauer bot er vor fast fünf Jahren gar einen Aufsichtsratsposten bei Siemens Energy an – holte sich jedoch einen Korb. Neubauer ist auch Mitglied der Grünen sowie der Grünen Jugend.
Massive Kritik an Habeck kam auch vom Unternehmer Carsten Maschmeyer. Angesichts der desaströsen Bilanz von dessen Wirtschaftspolitik spottete er über die Kanzlerkandidatur des Grünen: „Das wäre dasselbe, als wenn ein Wellensittich fragt, ob er jetzt auch Bundesadler werden könnte.“
Auch Habeck lobte Kaeser
Umgekehrt hatte Habeck Kaeser als jemanden gelobt, der „weiß, daß die Marktwirtschaft neu gedacht werden muß“. Dennoch mahnte er ihn 2020 in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen, „auf etwas Geld zu verzichten, um gesellschaftlichen Zielen treu zu bleiben“.
Auch über die Wirtschaftskrise, die Deutschland zum Schlußlicht aller Industriestaaten gemacht hat, sagte der Aufsichtsratschef nun: „Dieser Verantwortung muß sich eben auch Habeck persönlich stellen.“ Dieser habe „tolle Eigenschaften, er ist empathisch, offen und fair“.
Er sehe den Politiker weiter „persönlich absolut positiv“, führte Kaeser aus. „Aber er muß sich die Leistungen seines Teams zurechnen lassen.“ Über den Blick der USA auf Deutschlands Wirtschaft sagte Kaeser: „Im Moment hat man uns abgeschrieben.“
Nach dem Bruch der Ampel-Koalition befürchtet der 67jährige keine negativen Folgen für die deutsche Wirtschaft. Vielmehr sehe er das Ende der Regierung „eher als Chance“. Sein Stoßseufzer: „Erst einmal bin ich froh, wenn es vorbei ist.“ (fh)