LÜBECK. Der Fall um das von der Insolvenz bedrohte Windkraft-Unternehmen Prokon könnte schon bald die Gerichte beschäftigen. „Wir prüfen, ob ein Anfangsverdacht wegen Betruges und weiterer Wirtschaftsdelikte besteht oder nicht“, teilte die Lübecker Staatsanwaltschaft am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa mit.
Prokon finanziert sich vor allem über sogenannte „Genußrechte“ und versprach den Käufern von Anteilsscheinen Renditen von bis zu acht Prozent. Genußrechte garantieren den Inhabern keine Mitsprache im Unternehmen und fließen zudem in die Konkursmasse ein, wenn es zu einer Insolvenz kommt. Nach Angaben des Unternehmens gibt es derzeit etwa 75.000 Genußrechtsinhaber, die fast 1,4 Milliarden Euro in das Unternehmen investiert haben.
Zweifel am Geschäftskonzept
Nachdem in den vergangenen Monaten immer mehr Zweifel an dem Geschäftskonzept von Prokon aufgekommen waren, kündigten zahlreiche Anleger ihre Einlagen. Allein in diesem Jahr müßte das Unternehmen mehr als 172,72 Millionen Euro zurückzahlen. Geld, daß die Firmenleitung um Carsten Rodbertus nicht hat.
Nach eigenen Angaben häufte der Windkraftbetreiber 2012 bei einem Gesamtumsatz von 410 Millionen Euro einen Verlust von 171 Millionen Euro an. Zugleich schüttete das Unternehmen seinen Anlegern 310 Millionen an Zinsen an die Genußrechtsinhaber aus.
Druck auf Anleger
Prokon reagierte am Wochenende mit einem Rundschreiben an die Anleger und forderte diese auf, ihre Kündigungen zu überdenken. Personen, ihr Geld dennoch zurückhaben wollen, seien für eine Insolvenz mitverantwortlich.
Konkret müssen die Kunden diesen Satz unterschreiben: „Ich trage bewußt das Risiko, daß Prokon im Rahmen einer Planinsolvenz Sachanlagevermögen (insbesondere Windparks) deutlich unter dem Marktwert verkaufen muß und deshalb nicht genügend Liquidität aufgebracht werden kann, um mein Genußrechtskapital in voller Höhe an mich zurückzuzahlen.“
Insolvenz wahrscheinlich
Sollten mehr als fünf Prozent der Einlagen gekündigt werden, müsse noch im Januar Insolvenz angemeldet werden, drohte die Prokon-Leitung. Die Firma hatte in einer aggressiven Werbekampagne mit Werbespots und Massenwerbung versucht, neue Anleger zu gewinnen und unter anderem mit den Zahlungen aus der EEG-Umlage geworben. Diese garantiert Produzenten von Erneuerbaren Energien für 20 Jahre einen festen Abnahmepreis. Die Kosten dafür müssen vor allem die Verbraucher zahlen.
Verbraucherschützer und Anlegerorganisationen werfen Prokon vor, ein sogenanntes Schneeballsystem zu aufgebaut zu haben, in denen die aktuellen Zinsen vor allem durch frisches Kapital finanziert werden. Prokon verfügt nach eigenen Angaben 303 Windkraftanlagen und beschäftigt etwa 1.300 Mitarbeiter. Auf Presseanfragen reagiert das Unternehmen bereits seit Monaten nicht mehr. (ho)