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Zentralbanken: Noch schützt Papiergeld die Vermögen

Zentralbanken: Noch schützt Papiergeld die Vermögen

Zentralbanken: Noch schützt Papiergeld die Vermögen

Euro-Banknoten
Euro-Banknoten
Papierschere mit Euro-Banknoten: Das Bargeld steht unter Druck Foto: picture alliance/ZB
Zentralbanken
 

Noch schützt Papiergeld die Vermögen

Im Kampf gegen das Bargeld wird eine neue Runde eingeläutet. Ohne Bargeld werde nicht nur die Konjunktur angeschoben, verspricht der Ökonom Kenneth Rogoff. „Außerdem könnten Steuerflucht und Drogenkriminalität besser bekämpft werden.“
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Nur Bares ist Wahres, weiß der Volksmund. Mehr als die Hälfte aller Käufe in Deutschland werden in bar abgewickelt. Davon hält der Ökonom Kenneth Rogoff nicht viel. Er steht für mehr Macht für die Zentralbanken. Bargeld ist da ein Hindernis. Zum Ankurbeln des Wirtschaftswachstums sollen die Zentralbanken nämlich das Bargeld abschaffen.

So könnten negative Zinsen viel leichter durchgesetzt werden. Das meinte zumindest der Harvard-Professor auf einer Veranstaltung des Ifo-Instituts in München. Damit geht der Kampf gegen das Bargeld in die nächste Runde.

Rogoff zielt mit seinem Vorstoß auf einen – allerdings ziemlich umstrittenen – Effekt ab. Negative Zinsen sollen die Geschäftsbanken dazu bewegen, mehr Kredite an Unternehmen und Privatleute zu vergeben, anstatt das Geld bei den Zentralbanken einzulagern. Letzteres würde dann nämlich Geld, in Form der negativen Zinsen, kosten. Das von den Geschäftsbanken an Unternehmen verliehene Geld würden diese dann investieren, was dann wiederum die Wirtschaft ankurbeln soll.

Probleme der Zentralbanken sollen dadurch gelöst werden

Doch das ist für Rogoff, der 2001 bis 2003 beim Internationalen Währungsfonds (IWF) Chefökonom war, nicht der einzige Grund für die Abschaffung des Bargelds. „Außerdem könnten Steuerflucht und Drogenkriminalität besser bekämpft werden“, so der Ökonom wörtlich.

Dem 61jährigen Wirtschaftswissenschaftler dient diese Argumentation nur als Vehikel für die eigentliche Problemlage der großen Zentralbanken der Welt. Diese haben bereits ihren jeweiligen Leitzins auf nahezu Null gesenkt, weiter geht derzeit nicht, ohne ungewollte stärkere Negativeffekte auszulösen. Rogoff sagt selbst: „Papiergeld ist das entscheidende Hindernis, die Zentralbank-Zinsen weiter zu senken. Seine Beseitigung wäre eine sehr einfache und elegante Lösung für dieses Problem.“

Dauerhafte Wirtschaftskrise mit Bargeld?

Ohne Bargeld könnten Bürger und Banken bei Negativzinsen nicht mehr selbiges Horten, was sie natürlicherweise machen würden. Wird dieser Fluchtweg genommen, vergrößert sich der Spielraum der Zentralbanken, die Zinsen können deutlich ins Minus gesenkt werden.

Diese Überlegungen sind nicht neu, hinter den Kulissen fanden sie innerhalb der Fed schon statt, als die Finanzkrise ihre Spitze erreichte. Larry Summers, ebenfalls Harvard-Ökonom und ehemaliger US-Finanzminister, erhob zudem Anfang dieses Jahres die Forderung nach realen Negativzinsen, verbunden mit der Abschaffung des Bargelds. Ansonsten drohe dem Westen eine dauerhafte Wirtschaftskrise.

„Bargeld ist in unserer Zeit ein Anachronismus“

Ähnlich wie Rogoff und Summers argumentierte Zeit-Redakteur Mark Schiertz im September dieses Jahres („Bargeld ist in unserer Zeit ein Anachronismus“). Unwiderlegbar ist der Trend in Amerika und Europa zu mehr bargeldlosen Zahlungen über Kredit- oder EC-Karte. In Skandinavien wird der Kampf gegen Bargeld von einer breiten Front von Gewerkschaften über Banken bis hin zu Handelsketten getragen. In Bargeld sieht der Polizeipräsident Stockholms nur noch „das Blut in den Adern der Kriminalität“.

Eine solche breite Front gegen Bargeld existiert in Deutschland nicht. Noch überwiegen eher gegenteilige Meinungen. So fährt Wolfgang Münchau in seiner Kolumne bei Spiegel Online starke Geschütze gegen Rogoff auf. Anstatt das eigene, gescheiterte Modell der Realität anzupassen, versuche Rogoff lieber die Realität seinem Modell anzupassen, was eben in der Forderung der Bargeldabschaffung münde.

Den „kleinen Haken“ an Rogoffs Forderung macht Münchau bei den Bürgern aus: „Wir mögen das Bargeld aus einer ganzen Reihe von Gründen, nicht alle krimineller Natur.“ Und fügt hinzu: „Ohne Bargeld wäre auch die Möglichkeit des Staates, Vermögen zu besteuern, um ein Vielfaches größer.“

Noch ist Bargeld „geprägte Freiheit“ 

Ebenso wandte sich der als „Euro-Rebell“ bekannt gewordene FDP-Politiker Frank Schäffler  mit deutlichen Worten gegen Rogoff: „Das Wundschießen des Bargeldes und die Einführung von Strafzinsen für Bankguthaben zeigen die ganze Perversität der aktuellen Geldpolitik der Notenbanken.“

Pro Bargeld äußerte sich im Mai beim Bargeld-Symposium dann auch Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele. Transaktions- und Wertaufbewahrungsfunktion seien klare Bargeldeigenschaften, und Bargeld sei eben kein „Relikt aus vergangenen Zeiten“. „Geprägte Freiheit“ ist Bargeld für den früheren Bundesbank- und EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing.Bargeldlos scheint trotz dieser Auffassungen auf dem Vormarsch zu sein.

Gesetzliche Beschränkung von Bargeld ist anderswo längst Realität

So hat zu Beginn der Fußballsaison 2013 der Berliner Bundesligst Hertha BSC komplett auf bargeldlos umgestellt. Dort findet seitdem bei jeder Transaktion für Bier, Stullen und Würstchen eine Bezahlkarte Verwendung, wie schon seit einigen Jahren in vielen anderen Stadien. Schul- und Universitätsmensen folgen diesem Trend ebenfalls.

Hinter den Kulissen ist vom Druck der Geschäftsbanken zu hören, die keine großen Mengen Bargeld mehr von den Studentenwerken annehmen wollen. Und in großen deutschen Handelsketten kann der Kunde schon mit dem Mobiltelefon bezahlen. Bei letzteren geht es dann vor allem um die Gewinnung von Kundendaten zur besseren Vermarktung. Und natürlich geschieht alles freiwillig.

In anderen EU-Staaten ist dagegen die gesetzliche Beschränkung von Bargeldzahlungen längst Realität. In Griechenland liegt die Grenze bei 1.500, in Italien und Frankreich bei 1.000 sowie in Spanien bei 2.500 Euro. Für Wolfgang Schäubles Finanzministerium ist Bargeld schon länger ein „intransparentes Zahlungsmittel“. Weitere Schritte, die dieser Verlautbarung Folge leisten, dürfen erwartet werden.

JF 52/14-01/15

Papierschere mit Euro-Banknoten: Das Bargeld steht unter Druck Foto: picture alliance/ZB
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