MÜNCHEN. Der Chef des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat die Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank scharf kritisiert. „Die EZB hatte ihr Pulver schon viel zu früh verschossen und die Zinsen zu weit gesenkt. Jetzt ist sie in der Liquiditätsfalle. Sie kann an dieser Stelle kaum noch etwas tun“, sagte Sinn. Die Zentralbank hatte den Leitzins am Donnerstag von 0,15 auf 0,05 Prozent gesenkt.
Zugleich warnte er die EZB vor dem Ankauf von Staatsanleihen von Euro-Krisen-Ländern. „Damit würde sie das Investitionsrisiko der Anleger übernehmen, wozu sie nicht befugt ist, weil es sich dabei um eine fiskalische und keine geldpolitische Maßnahme handelt“, betonte der Wirtschaftsexperte. Eine solche Politik ginge „zu Lasten der Steuerzahler Europas“, die für die Verluste der Zentralbank aufkommen müßten.
Die Zinssenkung hatte viele Marktbeobachter überrascht. Erst Anfang Juni hatte die EZB den Leitzins auf den bis dahin historischen Tiefstwert von 0,15 Prozent gesenkt. Experten zufolge sind von diesen Entscheidungen vor allem die Besitzer von langfristigen und sicheren Kapitalanlagen wie etwa privaten Renten- und Lebensversicherungen, Tagesgeldkonten und Sparbüchern betroffen. Sie bekommen künftig weit weniger Zinsen, als sie durch die Inflation wieder verlieren. (ho)