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Petroeuro statt Petrodollar

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Eröltanks: Abgerechnet wird in Dollar. Foto: Pixelio

Die anhaltende Schwäche der US-Währung nährt die Hoffnungen der Öl-Exportländer inner- und außerhalb der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) sich vom Abrechnungsdiktat in Dollar zu befreien. Eine vorerst noch interne Studie (ECB Occasional Paper No. 77) der Europäischen Zentralbank (EZB) zu dem Thema gibt diesen Hoffnungen Auftrieb.

Die Einheit eines so globalen Welthandelsguts wie Mineralöl und einer ebenso globalen Weltwährung wie des Dollar sei pure Fiktion. Weder sei das nach regionalem Vorkommen, unterschiedlichen Güte- und Handelsklassen, differierenden Abrechnungstechniken (Termin- und Kassapreisen) gehandelte Mineralöl ein welteinheitlicher Standardartikel, noch sei der Dollar inzwischen die einzige weltweit dominierende Handels- und Fakturenwährung und daher unersetzbar. Im Gegenteil: Sein Marktanteil schrumpfe. Die Chancen für die Öl-Abrechnung in einer anderen globalen Währung wie dem Euro stiegen, heißt es in der EZB-Studie.

Erdölländer erleiden bislang hohe Abwertungsverluste

Für den antiamerikanischen Furor eines Mahmud Ahmadi-Nedschad oder Hugo Chávez, aber auch die rohstoffpolitisch gestützten Ambitionen eines Wladimir Putin und seines künftigen Nachfolgers in Rußland ist das wie Musik in den Ohren. Aber auch in den von den USA militärisch gesicherten Golfstaaten, den Kernländern der Opec, kann man rechnen.

Das Fakturieren in Dollar hat sie in den letzten beiden Jahren ein rundes Viertel ihrer Exporterlöse bei der Umrechnung in andere Währungen oder in ihre eigenen gekostet: ein herber Verlust ihrer terms of trade (Austauschrelationen). Man bekäme für das eigene Produkt mehr in Importgütern wie Geld, wenn man diese Abwertungsverluste vermeiden könnte.

Dennoch enthält die von der EZB – wenn auch nur inoffiziell als Studie – aufgemachte Rechnung mehr Unbekannte, als sie auflöst. Da ist einmal die Abwertungswolke, die über dem Euro selber schwebt. Der Euro verdankt seine internationale Stärke vor allem den Überschüssen eines einzigen Landes: nämlich Deutschlands.

Dollarprotektorat der Golfstaaten

Der Gesamtüberschuß der Euro-Zone ist klitzeklein. Er verwandelt sich in ein Defizit, das dem der USA kein bißchen nachsteht, wenn mit der eingeplanten Aufnahme weiterer und hochdefizitärer EU-Länder in den Währungsverbund die Summe dieser Defizite den Überschuß Deutschlands in Kürze übersteigt.

Dann wird der Euro wieder schwächer, womöglich weit schwächer als der Dollar heute, jedoch ohne den Service, den die finanzielle Infrastruktur des Dollar-Systems dem weltweiten Ölhandel bietet. Das eher provinzielle Euro-Bankennetz kann ihn nicht leisten.

Dazu kommen die divergierenden Interessen der Nachfrager nach dem wichtigsten Energierohstoff der Welt. Die drei größten unter ihnen (China, Indien, Japan) kommen seit langem mit den Vorkommen in ihrer Region und denen vor der indonesischen Küste nicht aus. Sie sind auf Gedeih und Verderb auf das Öl der Golfstaaten angewiesen. Doch dort herrscht Dollarzwang. Die dortige Staatenwelt wird sich hüten, freiwillig den politischen Status eines US-Protektorats aufs Spiel zu setzen.

Verwertung der überdimensionierten Dollar-Reservehaltung

Sollten sich die USA aus der Region zurückziehen, können die Ölscheichs gleich mit ins Exil gehen. Sie wissen, daß sie dieser Schutz etwas kostet, und dieser Preis ist mit dem Dollar-Discount nicht zu hoch bezahlt.

Die heutigen und künftigen Hauptabnehmer des Opec-Öls im Fernen Osten, allen voran China, verfügen über genügend Dollareinnahmen und -liquidität, um mit dem Status quo bequem leben zu können. Für sie bedeutet die Abrechnung in Dollar nicht nur die sichere Verwertung ihrer überdimensionierten Dollar-Reservehaltung, sondern die Verbilligung ihres Verbrauchs in nationaler Währung. Mit dem derzeit harten Euro führe man schlechter.

Nicht ganz so einfach sieht es in Nord- und Südamerika aus. Zwar reichen auch hier die Vorkommen (Mexiko, Venezuela, Kanada, USA) bei weitem nicht aus; auch hier muß man zukaufen, also US-Dollar verdienen, um das zu können. Doch der große US-Markt bietet diese Chancen.

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Dollar-Fakturierung nutzt dem EU-Verbraucher

Die Abkopplung vom Dollar als „Petro-Währung“ beschwört die Gefahr herauf, daß die nord- und mittelamerikanische Freihandelzone (Nafta), von der die US-Nachbarn (Kanada, Mexiko und ganz Mittelamerika) profitieren, ad acta gelegt wird und die USA ihren alten Protektionismus neu beleben; erste Anzeichen dafür gibt es. Der venezolanische Präsident Chávez und seine Freunde müssen abwägen, was ihnen mehr nützt: der Schlag gegen die US-Hegemonie oder die Wohlstandsverluste nach dem Ende der Nafta.

Und was ist mit dem größten Ölanbieter nach der Opec, mit Rußland? Es könnte die (Geheim-)Pläne der Europäer unterstützen und sich damit den europäischen Markt als Exklusivanbieter sichern.

Doch weder der EU kann es wohl sein bei dem Gedanken, ganz Europa dem Ölpreisdiktat Rußlands auszuliefern, noch Rußland selber, sich von den Absatzchancen des ungeliebten europäischen Binnenmarktes vor der Haustür abhängig zu machen – von den Sonderinteressen sekundärer Ölmächte wie Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden abgesehen.

Verbraucherinteresse wird übersehen

Was die EZB-Planer ebenfalls völlig übersehen, ist das Verbraucherinteresse. Solange der Dollarpreis für Mineralöl und seine Derivate (Benzin, Diesel, Heizöl) in Euro verbilligt werden kann, sind die Verluste der Förderländer die Gewinne der Abnehmer. Eine Garantie gegen die säkulare Verteuerung des wichtigsten aller fossilen Brennstoffe gibt es nicht; sie ist der wirksamste Schutz gegen die Verschwendung dieser Ressource und die davon ausgehende Umweltzerstörung.

Doch das schließt den Bonus für diejenigen Länder und Volkswirtschaften nicht aus, die mit ihrer Gegenleistung diese Ressource fair bezahlen – mit harter Währung. Weil das die USA nicht mehr tun, trudelt der Dollar ab. Genau das muß man zulassen, um die Welt-Ölmärkte weder der Laune der Förderländer noch eines notorischen Währungssünders wie der USA auszuliefern.

Der Versuch, einen „Petroeuro“ zu schaffen, würde die währungsstabilen Länder dieses Vorteils berauben; Opec und die anderen aufsässigen Förderländer würden ihre Monopolgewinne in Euro kassieren, zu Lasten der Verbraucher in der EU und anderswo in der Welt.

Prof. Dr. Wilhelm Hankel lehrte Währungs- und Entwicklungspolitik an der Universität Frankfurt. Er war unter Karl Schiller Chef der Bank- und Versicherungsaufsicht. Unter seiner Ägide entstand die Bankenenquête von 1968.

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