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Bisher ein hoffnungsloser Fall

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Bisher ein hoffnungsloser Fall

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Das große Sorgenkind der Entwicklungshilfe ist Schwarzafrika. Seit dort die Kolonialzeit vorüber ist, und die Länder politisch souverän sind, werden Unmengen an Finanz-, Sach- und Beratungsleistungen förmlich hineingepumpt. Aber auf einen grünen Zweig kamen und kommen diese Länder trotzdem nicht. Im Gegenteil, es ging mit ihnen bergab, die Hilfe verpuffte, hat ihnen sogar geschadet. Auf einer Entwicklungskonferenz vom 2. bis 4. September berieten in Accra (Ghana) rund 1.200 Teilnehmer  von Regierungen, Hilfsorganisationen und Selbsthilfegruppen aus mehr als 100 Ländern darüber, wie die jährlichen Gelder besser genutzt werden können. Aus diesem Anlaß  hat ein „Bonner Aufruf“ von Afrika-Experten für eine andere Entwicklungspolitik die Lage dort wieder einmal öffentlich gemacht: „Nach einem halben Jahrhundert personeller und finanzieller Entwicklungshilfe für Afrika stellen wir fest, daß unsere Politik versagt hat. Die Ergebnisse sind weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben.“ Die Hauptgründe dafür sind für die Verfasser, daß die Entwicklungspolitik auf zwei Annahmen beruhte, die sich als falsch herausgestellt haben. Die eine lautet, der „Norden“ könne Afrika entwickeln. Die andere: Der „Norden“ könne die Entwicklung Afrikas durch Umverteilung erreichen. Zur ersten Annahme heißt es im Aufruf: „Wie jeder Mensch und jede Gesellschaft kann Afrika sich aber nur selbst entwickeln. Darüber hinaus gebietet die menschliche Würde, daß jeder Einzelne und jede Gesellschaft die Verantwortung für Entwicklung zunächst bei sich selbst sucht. Dieses Bewußtsein ist in Afrika weitgehend zerstört worden, weil ausländische Helfer zuviel Verantwortung an sich gezogen haben. Je mehr Verantwortung wir aber für die Entwicklung Afrikas übernehmen, desto mehr fördern wir Verantwortungsverweigerung der dafür in erster Linie Zuständigen.“ Zur zweiten Annahme schreiben die Experten: „Die Gleichung ‘mehr Geld gleich mehr Entwicklung’ geht nicht auf. Dennoch beherrscht sie bis heute die Entwicklungspolitik. Geld hat der Entwicklung häufig sogar geschadet, weil Eigeninitiative gelähmt wurde. Politische Beschlüsse, die Entwicklungshilfe für Afrika zu verdoppeln, sind unvernünftig und gefährlich. Gleiches gilt für die Tendenz, immer mehr Geld als „Budgethilfe“ zu vergeben. Damit werden Korruption und Unterschlagung erleichtert.“ Drastischer hat sich Rupert Neudeck, Gründer des Komitees Cap Anamur/Deutsche Notärzte, geäußert: „Ich habe diese Politik hassen gelernt. Die Entwicklungspolitik hat dazu beigetragen, daß die Staaten Afrikas die miserabelsten Regierungen bekommen haben, daß sie korrupte Regierungen bekommen haben, deren Korruption zum Himmel stinkt“, klagte der Vorsitzende des Vereins Grünhelme gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen. Für Kundige liegt das auf der Hand. „Wir haben 69 Minister“, klagte der ugandische Publizist Andrew Mwenda einmal in der Zürcher Weltwoche. „Unser Präsident hat 109 Präsidentenberater und Assistenten. Wenn die ihren Chef überhaupt einmal zu Gesicht bekommen, dann im Fernsehen. Wir haben 60 Botschafter, obwohl wir im Ausland nur 15 diplomatische Vertretungen haben. Statt das Geld für Infrastruktur, Bildung, Gesundheit auszugeben, wird es für Funktionäre und Günstlinge verschwendet.“ Die Kosten für dieses Klientelsystem müßten Uganda eigentlich in den Bankrott treiben, aber „die Regierung kann sich solche Extravaganz nur leisten, weil jemand anders dafür bezahlt“, so Mwenda. Gesagt und geschrieben worden ist das alles über die Entwicklungshilfe schon mehrfach. Genützt hat es bisher nichts. Neudeck ist auch einer der neun Männer, die als „Initiativkreis“ den Aufruf verfaßt haben. Seine weiteren Mitglieder sind die im Metier erfahrenen Afrika-Experten und Diplomaten Winfried Pinger, Sigurd Illing, Volker Seitz, Peter Molt, Kurt Gerhardt, Martin Wilde, André Munzinger und Stefan Götz. Um Neudeck und Pinger, bis 1998 entwicklungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hat sich der Kreis gebildet. Alle neun verfolgen die Entwicklung Afrikas mit besonderem Engagement. Sie gehören zu der „wachsenden Schar vor Kritikern“, die meinen, der Kurs der Entwicklungshilfe müsse radikal geändert werden, „wenn wir in einem weiteren halben Jahrhundert nicht vor einer ähnlichen Situation wie heute stehen wollen“. Schwarzafrika gilt mit der bisherigen Entwicklungshilfe schon lange als ein hoffnungsloser Fall. Die bisherige Erkenntnis: Seit Jahrzehnten pumpt der Westen Hunderte Milliarden dorthin. Der Geldsegen löst keine Probleme, er schafft sie: Die Entwicklungshilfe fördert korrupte, inkompetente Regierungen, sie verhindert Reformen und schädigt die Demokratie. Aber was genau will der „Bonner Aufruf“ geändert sehen? Er fordert, die Entwicklungshilfe müsse von den staatlichen Stellen in Afrika loskommen und sich hinbewegen zu „gesellschaftlichen Gruppen, die sich selbst organisieren und verwalten“. Die Entscheidungsbefugnis über bilaterale Entwicklungshilfe sei auf die deutschen Botschaften zu übertragen, die dann personell entsprechend ausgestattet werden müßten. Und die Hilfe sei auf das zu konzentrieren, was sich als besonders förderungswürdig erwiesen habe: auf die Grund- und Berufsbildung, auf Kleinkredite sowie auf arbeitsintensive und beschäftigungswirksame Infrastrukturmaßnahmen. Auch verlangen die Initiatoren „eine klare Durchsetzung der Verantwortlichkeiten“. So richtig das in diesen allgemeinen Formulierungen ist: Starke Interessen auch in den Geberländern am Fortbestand der bisherigen Finanzhilfe werden sich dem Vorhaben widersetzen. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sieht dahinter nur die Absicht, das Entwicklungsministerium abzuschaffen (FAZ). „Die Pauschalierungen und Verallgemeinerungen im Bonner Aufruf werden der Wirklichkeit Afrikas nicht gerecht“, verkündete ihr Ministerium. Bestenfalls wird der Aufruf gehört, aber verhallen wird auch er. Der „Bonner Aufruf“ mit Diskussionsforum im Internet: www.bonner-aufruf.eu Foto: Kinder im Armenviertel Kibera/Nairobi:Geld für korrupte Regierungen, Funktionäre und Günstlinge

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