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Kuhhandel auf Weltniveau

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Die Welthandelsorganisation (WTO) besteht mittlerweile seit zehn Jahren und vereint inzwischen fast alle Uno-Länder – nur einige ex-sowjetische und islamische Staaten sind noch nicht Mitglied. Aber es ist ein Jubiläum, das eigentlich niemand so recht feiern will. Gängiger ist es eher, über das anonyme und abstrakte Gebilde zu wettern, denn der von der WTO erstrebte weltweit zügellose Warenhandel ist den meisten – mit Ausnahme übermächtiger global player – nicht ganz geheuer. Dabei war es ein hehres Ziel, das sich 23 Länder im Jahre 1948 steckten: Größter allgemeiner Wohlstand sollte möglich sein, indem Güter am günstigsten Ort produziert werden und der Handel über Grenzen hinweg erfolgen sollte. Das war die Geburtsstunde des Gatt, des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens. Dazu sollten Zölle und Handelsbeschränkungen abgebaut werden, um das weltweite Einkommen und den Lebensstandard zu verbessern. Als zweiter Grundsatz wurde die Gleichbehandlung erhoben, bei der Handelsvorteile eines Landes auch für alle anderen zu gelten haben. Die Gleichstellung – das dritte Manifest – wurde geschaffen, damit importierte Waren den gleichen Bedingungen wie inländische Waren unterliegen. Die folgenden Jahrzehnte sollten aber zeigen, daß die Praxis nicht zwingend der Theorie folgen muß. So waren acht Verhandlungsrunden oder fast 50 Jahre nötig, um beispielsweise den Zollsatz im weltweiten Schnitt von 40 Prozent auf vier Prozent zu senken. Der Natur folgend, bauten indes die Staaten raffinierte Handelsbarrieren wie etwa die Einfuhrquoten auf, um die eigene Wirtschaft zu schützen. Interessen, Wünschen und Forderungen von mittlerweile 148 Mitgliedsländern auf direktem Wege zu entsprechen, schien illusorisch. Deshalb etablierte man das sogenannte Streitbeilegungsverfahren, um Handelskonflikte zwischen den Staaten auszutragen. Das zunehmend komplexe Gatt-Regelwerk und die Abkommen für den Dienstleistungsbereich (Gats) sowie die geistigen Eigentumsrechte (Trips) führten zur Gründung der WTO. Während das aus über 600 Mitarbeitern bestehende Sekretariat in Genf die Verhandlungen mehr oder weniger am Laufen hält, obliegt der etwa alle zwei Jahre abgehaltenen Ministerkonferenz die Entscheidungsgewalt über offene Fragen. Ende für Agrarsubventionen soll eingeläutet werden Der freizügige Handel mit landwirtschaftlichen Produkten wurde erstmals in der Uruguay-Runde diskutiert, die Anfang der Neunziger beendet wurde. Mit Beginn der Doha-Runde im Jahre 2001 wurde diese Debatte fortgesetzt. Und die Landwirtschaft ist es auch, die auf der im Dezember stattfindenden Ministerkonferenz in Hongkong im Mittelpunkt stehen wird. Leiten wird diese der vor kurzem in das Amt des WTO-Generaldirektors erhobene Pascal Lamy, der ehemalige EU-Handelskommissar, der unter Insidern als eiserner Verfechter des liberalen Welthandels gilt. Die Erwartungshaltung, daß die anstehenden Verhandlungen zu vorzeigbaren Ergebnissen führen, ist nach der gescheiterten Ministerkonferenz im mexikanischen Cancún entsprechend hoch. Auf dem Weg des geringsten Widerstandes ist es naheliegend, daß der von den Entwicklungsländern geforderte Marktzugang für deren Agrarprodukte erleichtert wird, um im Gegenzug den Industrieländern eine Marktöffnung für deren Güter und Dienstleistungen zu ermöglichen. Eine weiterführende Senkung der Agrarsubventionen und -beihilfen jeglicher Art in den Industriestaaten ist deshalb nur eine Frage der Zeit. Aus diesem Grund ist zu befürchten, daß die von den EU-Ministern bereits im Jahre 2003 in Hinblick auf die WTO-Gespräche vollzogene Reform der gemeinsamen Agrarpolitik nun bei den anstehenden Verhandlungen überhaupt nicht in die Waagschale geworfen wird. Dabei sollte diese Novellierung als Vorleistung der EU gelten – als eine Art Demutsbeweis im Verhandlungspoker um eine Vormachtstellung im globalen Handel wirtschaftlich relevanter Güter. Die massiven Einschnitte, welche die Reform der EU-Agrargesetzgebung hinterläßt, bekommt der Bauernstand erst noch zu spüren, wie mit einem Blick auf den Milchmarkt offenbar wird: Bis 2008 werden die Marktordnungspreise bei Milch schrittweise gesenkt. Bei festgesetzten Preissenkungen für Butter und Magermilchpulver von 25 und 15 Prozent wird gleichzeitig die Aufnahme von Butter in die Interventionsbestände auf nur noch kosmetische Mengen reduziert. Zudem wird die von Brüssel beschlossene Aufstockung der europaweiten Milchquotenmenge – die Marktgesetze dabei wohlwissend in Kauf genommen – zu einem weiteren Preisdruck auf der Erzeugerseite führen. Das Ziel solcher Aktionen ist klar: Mit der aktiven wie passiven Senkung der Marktordnungspreise für Milch soll der EU-Erzeuger schrittweise an den Milchpreis auf Weltmarktniveau herangeführt werden. Es ist sicher, daß dabei vor allem die deutschen Milchbauern das Nachsehen haben werden – sie haben weltweit mit die höchsten Produktionskosten. Übrigens: Mit dem Setzen eines Denk- bzw. Mahnmals für den Agrarreformer und Ex-EU-Kommissar Franz Fischler (ÖVP) sollten die Bauern noch warten. Auch für die designierten CSU-Bundesminister Edmund Stoiber und Horst Seehofer wird die WTO-Konferenz eine erste Bewährungsprobe. Metall und Kunststoff versus Kartoffel und Milch: Aus dem Kuhhandel, welcher derzeit hinter den Kulissen mit Verve betrieben wird, gehen sowohl Gewinner wie Verlierer hervor.

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