Obwohl 17 der 25 EU-Staaten auf Atomkraft verzichten oder den Ausstieg beschlossen haben, mehren sich die Stimmen für eine Wiederbelebung der Atomkraft. Die europäische Atomindustrie hat sich in den letzten Jahren auf den Bau von Atomkraftwerken in Osteuropa konzentriert. Nun will sie auch in der EU wieder Fuß fassen. Frankreich hat vor kurzem den Bau einer neuen AKW-Generation beschlossen, Finnland beginnt mit dem Bau eines neuen Reaktors, und deutsche Politiker wie Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber treten offen für den Ausstieg aus dem Ausstieg ein. Der Pro-Atomkurs wird mit zwei Argumenten befördert. Erstens biete die CO2-neutrale Atomkraft eine Lösung für das Klimaproblem. Zweitens könne die Atomkraft helfen, das in den kommenden Jahren teurer und knapper werdende Erdöl zu ersetzen. Beide Argumente halten einer Prüfung nicht stand. Es ist – zumindest unter den EU-Umweltministern – Konsens, daß die Risikotechnologie Atomkraft keine Lösung für den Treibhauseffekt ist. Und die bevorstehende Erdölkrise – die aktuellen Rekordpreise sind nur ein Vorgeschmack – kann nicht durch den Ausbau der Atomkraft gelöst werden. Die weltweit 440 AKW können mit den Uranvorkommen noch zirka 60 Jahre betrieben werden. Würde der Atomanteil in dem Maße gesteigert, wie die Erdölreserven schwinden, wären die Uranvorkommen in 20 Jahren erschöpft. Zudem würde sich die Import-Abhängigkeit vergrößern, da die EU über kaum 2 Prozent der weltweiten Uranvorkommen verfügt. Es wäre schlicht politischer Irrsinn, für das Schließen einer Energielücke weniger Jahrzehnte unsere Nachkommen für Tausende von Jahren mit strahlendem Atommüll zu belasten. Ein Umstoßen des deutschen Atomausstieges wäre eine falsche Weichenstellung für die europäische Energiepolitik. Deutschland und Europa sollten statt dessen den Einstieg ins Solarzeitalter forcieren. Wind, Biomasse und Solarenergie können uns umweltschonend, unabhängig und kostengünstig für Jahrtausende mit Energie versorgen. Dr. Eva Glawischnig ist Stellvertretende Bundessprecherin und Umweltsprecherin der österreichischen Grünen.