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Die Atomkraft ist wieder im Gespräch

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Konferenzen, die nur mit einer Absichtserklärung enden, sind unverbindlich. Kommen besonders viele Menschen zusammen, wird das Schlußdokument auch noch vage formuliert, so daß niemand konkrete Verpflichtungen eingehen muß. So ist am 4. Juni die weltgrößte Konferenz über erneuerbare Energien – die „Renewables 2004“ – in Bonn zu Ende gegangen. Doch das Thema steht ganz oben auf der politischen Agenda. Allerdings unfreiwillig – durch den hohen Ölpreis, der jeden Tankstopp teurer werden läßt und die Aktienmärkte in Aufregung bringt. Die Bonner Konferenz wurde von Kanzler Gerhard Schröder bereits auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung im September 2002 in Johannesburg angekündigt. Dort zeichnete sich auch ab, daß es eine Koalition gleichgesinnter Länder zur Förderung erneuerbarer Energien („Johannesburg Renewable Energy Coalition“) gibt, die sich als Motor dieser Technologie versteht. Die zentralen Fragen lauteten: Wie kann der Anteil erneuerbarer Energien in Industrie- und Entwicklungsländern deutlich erhöht, und wie können deren Vorteile und Potentiale besser genutzt werden? Dazu steckten die über 3.000 Konferenzteilnehmer aus über 154 Ländern ihre Köpfe zusammen und diskutierten über die Gestaltung von politischen Rahmenbedingungen, die eine Marktentwicklung erneuerbarer Energien ermöglichen. Im Vordergrund stand auch die Erkenntnis, daß nur eine solide Stärkung privater und öffentlicher Finanzierung eine zuverlässige Nachfrage nach erneuerbaren Energien zu sichern imstande ist. Deutschland konnte dabei mit seiner Erfahrung aus dem „100.000-Dächer-Programm“ und seinem von Rot-Grün verabschiedeten Energieeinspeisegesetz (EEG) punkten. Um die Sonne langfristig wirklich wettbewerbsfähig zu machen, ist eine Koordinierung und Intensivierung der Forschung unabdingbar. Auch das war ein Ziel der Bonner Sonnenkonferenz. Am Ende stand eine „Politische Deklaration“, die gemeinsame politische Ziele zur Stärkung der Rolle erneuerbarer Energien enthält und eine gemeinsame Vision einer nachhaltigen Energiezukunft mit verbessertem und gerechterem Zugang zu Energie und erhöhter Energieeffizienz aufzeigt. Hinzu kam ein „Internationales Aktionsprogramm“, das Maßnahmen und Verpflichtungen seitens der Regierungen und internationalen Organisationen zusammenstellt. Sonnenstrom ist ohne Subvention teurer Im Vorfeld wurden die Konferenzteilnehmer über einen Aufruf zu Aktionen und Verpflichtungen („Call for Actions and Commitments“) aufgefordert, mit freiwilligen Verpflichtungen im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeitsbereiche zum Aktionsprogramm beizutragen – im Jahre 2020 soll ein Fünftel des Weltenergiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Bedenkt man aber, daß in 16 Jahren voraussichtlich weit mehr Energie benötigt wird als heute, heißt das, daß in absoluten Zahlen gemessen der Anteil an fossilen Energieträgern weltweit sogar weiter angestiegen ist – und damit auch die Belastung für Mensch und Natur. Angestrebt wird auch, daß bis 2015 eine Milliarde Menschen aus erneuerbaren Quellen versorgt werden. Ein Hauptargument der Sonnenkraftgegner wurde ebenfalls nicht überzeugend entlastet: Ein Kilowatt Sonnenstrom ist ohne Subvention – zumindest außerhalb von Sahara oder Tropen – noch immer teurer als ein Kilowatt aus fossiler Energie. Auch bei der Windkraft gibt nicht nur technologisch-finanzielle, sonder auch „ästhetische“ Probleme: Gegen die „Verspargelung“ der Landschaft ziehen Bürgervereinigungen zu Felde. Im Schatten der hohen Ölpreise bahnt sich außerdem eine schon totgeglaubte Debatte an: die um den Ausstieg aus der Atomenergie. CDU und allen voran die bayerische CSU fordern inzwischen offen den „Ausstieg aus dem Ausstieg“. In der Tat könnte der dreißigjährige Ausstiegsfahrplan, den Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) als grandiosen Erfolg feiern ließ, bei einem Regierungswechsel 2006 Makulatur werden. Auch wenn in Deutschland durch das extrem aufwendige Genehmigungsverfahren kaum Aussicht auf AKW-Neubauten besteht, hat für die Atomtechnik noch lange nicht das Sterbeglöckchen geläutet. Durch die liberalisierten transeuropäischen Stromnetze kann Atomstrom nicht nur aus Belgien oder Frankreich, sondern noch billiger aus der Tschechei oder Ungarn nach Deutschland fließen. CSU-Generalsekretär Markus Söder bekundete ganz offen, die Abkehr von der Kernkraft sei „weder ökologisch noch ökonomisch vertretbar“. Unterstützung erhielt der Bayer ausgerechnet von dem Ex-SPD-Umweltsenator in Hamburg, Fritz Vahrenholt: „Wir müssen alles tun, was uns unabhängig macht von den Scheichs und von dieser brisanten Situation, die unsere ökonomische Lage bedroht“, sagte er im Bayerischen Rundfunk und plädierte dabei auch für die Verschiebung des Atomausstiegs. In anderen Kontinenten, wo die Verbraucher explosionsartig zunehmen, plant man sogar den exzessiven Ausbau von Kernkraftwerken – auch mit Hilfe deutscher Technologie. Welcher Strom die Waschmaschine oder den Toaster antreibt, interessiert leider die wenigsten. „Grüner Strom“ ist nach wie vor das Spielzeug einer Minderheit in Westeuropa, deren Weltanschauung in der selbstgerechten und satten Ära der späten siebziger Jahre geformt wurde. Jürgen Trittin, Hausherr der Bonner Sonnenmesse, ist ein passendes Beispiel: vom kommunistischen zum photovoltaischen Fortschritt – Hauptsache, es gibt eine materielle Erlösungsstrategie. Technik ist ideologiefrei, lautet ein Grundsatz der Ingenieure. Auf der „Renewables 2004“ konnte man daran manchmal allerdings zweifeln.

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