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Vom Aktenzeichen zur Häftlingsnummer

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Seit dem 1. Juli 2007 leben wir in einem von Grund auf veränderten Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Das Volk, nach dem Grundgesetz Souverän dieses Landes, wird zum Zweck umfassender Kontrolle von oben herab durch die gewählten Volksvertreter durchnumeriert. Das Bundeszentralamt für Steuern teilt jedem Steuerpflichtigen ein „einheitliches und dauerhaftes Merkmal (Identifikationsmerkmal)“ zu, das bei Anträgen, Erklärungen oder Mitteilungen gegenüber Finanzbehörden anzugeben ist. Es besteht aus elf Ziffern. Natürliche Personen erhalten eine Identifikationsnummer, wirtschaftlich Tätige eine Wirtschafts-Identifikationsnummer. So ist es im Jahre 2003 durch Einfügung der Paragraph 139 a-d in der Abgabenordnung geregelt worden. Einzelheiten ergeben sich aus einer Verordnung vom Jahre 2006. Obwohl es scheinbar nur um eine steuerlich relevante Vorschrift geht, wird das Tor weit geöffnet: Andere öffentliche und sogar nicht öffentliche Stellen dürfen die Identifikationsnummer erheben, „soweit dies für Datenübermittlungen zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Erhebung oder Verwendung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet“. Es ist also schon erlaubt und weitergehend anvisiert, öffentliche und private Stellen in die Lage zu versetzen, auch außerhalb des Steuerrechts mit der Identifikationsnummer zu arbeiten. Das Bundeszentralamt für Steuern spielt mit einer anderen Mammutbehörde, der „Konten-Evidenz-Zentrale“ zusammen. Dort ist in Computern gespeichert, was im Einkommens- und Vermögensbereich der Bürger Beamte interessiert. Der Bund der Steuerzahler hat in seiner Zeitschrift (Juni 2007) schon einmal eine „Chronik der grenzenlosen Überwachung“ zusammengestellt, die den gläsernen Bürger der Zukunft beschreibt. Die an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermittelnden Daten sind: Familienname, frühere Namen, Vornamen, Doktorgrad, Ordensnamen/Künstlernamen, Tag und Ort der Geburt, Geschlecht, gegenwärtige Anschrift der alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung. Die Daten sind laufend zu aktualisieren. Zwar wurden die Bürger schon immer unter Steuernummern, Sozialversicherungsnummern u.a. geführt. Dabei handelt es sich aber um sachbezogene Aktenzeichen der Behörden, die zum Teil auch wechseln können, so beim Umzug oder Änderung des Personenstandes. Die neue Identifikationsnummer ist qualitativ etwas ganz anderes: Zum ersten Mal in der Geschichte erhält jeder Bürger ähnlich wie bisher durch Ohrklammern und Brandzeichen das Weidevieh als Person ein Kennzeichen, das ihm lebenslang anhaftet. Der Staat erfaßt alle seine Einwohner mit einer unveränderlichen Ziffer, die persönlichen Vor- und Zunamen vorgeht. Es handelt sich nicht mehr um Aktenzeichen, sondern um Personenkennzeichen. So etwas gab es hierzulande für Menschen bisher nur in Hitlers Konzentrationslagern und zwölfstellig als Personenkennzahl (PKZ) in der DDR. Ab sofort werden alle Bürger durch die von ihnen selbst gewählten Abgeordneten zu einer Art von Staatsgefangenen gemacht. Jeder ist im Computer zu erfassen, zu kontrollieren und von der Staatsverwaltung abhängig. Durch elektronische Handschellen wird er seiner Freiheit und seines Persönlichkeitsrechts ganz oder teilweise beraubt. Das Gefühl, ein stets bedrohter Staatshäftling zu sein, wird sich ausbreiten. Der Souverän wird zum Knecht, das Demokratieprinzip steht auf dem Kopf. Der Hintergrund ist klar: Die politische Klasse hält das Volk, also den eigenen Souverän, für eine Bande von potentiellen Steuerhinterziehern, Sozialmißbrauchern und Betrügern. Diese sind zwar als Wähler nützlich, müssen dann aber unter Kontrolle gestellt werden. Alle stehen unter Generalverdacht, der vorbeugende Maßnahmen in Form einer Art „Schutzhaft“ gegen alle erfordert. Der weitere Weg ist abzusehen: Zuerst hat jeder eine Identifikationsnummer, dann ist er selbst eine solche. Am Ende werden die unsere Kultur tragenden Familien- und Vornamen allenfalls noch eine folkloristische Nebenrolle spielen und schließlich verschwinden. Nr. 123… wird Nr. 456… heiraten und die Geburt des Kindes Nr. 789… anzeigen. Die Phantasie reicht nicht aus, sich vorzustellen, wohin der jetzt eröffnete Weg führen wird. Der Rationalisierungs- und Herrschsucht der Beamten werden keine Grenze gesetzt sein. In den USA kommt der eingepflanzte Mikrochip vor allem im medizinischen Bereich bereits zur Anwendung, im KZ wurde tätowiert. Das ist der Grabstein des demokratischen Staates. Die Staatsgewalt geht nicht mehr vom Volke aus, sondern von denen, welche die alle Bürger kontrollierenden Computer beherrschen. Weder Hitlers Gestapo noch Honeckers Staatssicherheitsdienst verfügten auch nur annähernd über solche Kontrollmöglichkeiten. Der Staat wird jeden Bürger als eine Art Legehuhn in Massenkäfighaltung im Griff haben. Es geht um Macht der politischen Klasse über den eigenen Souverän. Dieser wird nicht als den Staat tragender Bürger, sondern als seelenloser Untertan betrachtet, als eine Art Nutztier für die jeweilige Staatsverwaltung. „Planerfüllung beim Eierlegen“ (Steuerzahlen) wird zum Haupt-Lebenszweck aller durchnumerierten Exemplare der Gattung Homo sapiens. Die totale Überwachung der Bürger auf diesem und anderen Feldern insbesondere der inneren Sicherheit ist auch eine Folge des Schengen-Abkommens. Seit unsere Grenzen früher dort abgefangenen ausländischen Kriminellen offenstehen, muß die Sicherheit einschließlich des Kapitalverkehrs durch Überwachung aller, auch der 99 Prozent Unschuldigen, gewährleistet werden. Die Freiheit des Grenzverkehrs bezahlen wir mit dem Verlust von Freiheit und Menschenwürde im Innern. Innenminister Wolfgang Schäubles Problem auf diesem Gebiet hat er zusammen mit Helmut Kohl selbst verursacht. Was also ist zu tun, wenn den Bürgern die Identifikationsnummer mitgeteilt wird mit der Auflage, diese Behörden und sonstigen Stellen mitzuteilen? Schon die Zuteilung der Identifikationsnummer, erst recht aber damit verbundene Handlungsanweisungen, dürften einen „belastenden Verwaltungsakt“ darstellen, gegen den die üblichen Rechtsmittel (Einspruch, Klage vor dem zuständigen Gericht) zulässig sind. Zu den Aussichten eines solchen Einspruchs ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrecht auf „informationelle Selbstbestimmung“, insbesondere im Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 und in dem neuen Beschluß vom 13. Juni 2007 zum Kontenabrufverfahren heranzuziehen. Das Bundesverfassungsgericht sieht das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht als Prüfungsmaßstab an. Es unterscheidet zunächst danach, ob die erhobenen Daten nur zu statistischen Zwecken (Volkszählung) oder aber dem Verwaltungsvollzug dienen sollen. Es konstituiert ein „Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“, das statistischen Zwecken weniger entgegensteht als dem Datenabgleich zu Verwaltungszwecken. Grundsätzlich hat es schon im Volkszählungsurteil die „Sammlung nicht anonymisierter Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken“ für unzulässig erklärt. Diese Aussage hat das Gericht in seinem Beschluß vom 13. Juni 2007 wiederholt und ausgebaut: „Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt den Einzelnen gegen informationsbezogene Maßnahmen, die für ihn weder überschaubar noch beherrschbar sind. Solche Gefährdungen drohen insbesondere dann in hohem Maße, wenn Informationsbestände für eine Vielzahl von Zwecken genutzt oder miteinander verknüpft werden können. Daher wäre eine Sammlung der dem Grundrechtsschutz unterliegenden personenbezogenen Informationen auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.“ Die Sammlung von Personenkennziffern ist eine solche verbotene Sammlung „auf Vorrat“. Im Volkszählungsurteil kam das Gericht zu dem Ergebnis, das damalige Erhebungsprogramm bilde noch nicht die Persönlichkeit des Bürgers ab. Dann heißt es aber weiter sehr deutlich: „Etwas anderes würde nur gelten, soweit eine unbeschränkte Verknüpfung der erhobenen Daten mit den bei den Verwaltungsbehörden vorhandenen, zum Teil sehr sensitiven Datenbeständen oder gar die Erschließung eines derartigen Datenverbundes durch ein einheitliches Personenkennzeichen oder sonstiges Ordnungsmerkmal möglich wäre.“ Das einheitliche Personenkennzeichen wird also ausdrücklich als verfassungswidrig angesehen. Das Bundesverfassungsgericht hat damals den Paragraph 9 Abs. 1-3 des Volkszählungsgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Es ließ nicht zu, bestimmte Angaben aus den Erhebungsunterlagen mit den Melderegistern zu vergleichen. Gerade dies aber ist der Kern der jetzigen Neuregelung. Ebenso wandte sich das Bundesverfassungsgericht dagegen, daß personenbezogene Einzelangaben an die fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden und Landesbehörden weitergegeben werden. Zusammenfassend führt es aus, der Rechtsschutz des Bürgers wäre verfassungsrechtlich unzureichend, wenn das Volkszählungsgesetz verhinderte, „daß der Bürger Kenntnis davon erlangen könnte, wer wo über welche seiner personenbezogenen Daten in welcher Weise und zu welchen Zwecken verfügt“. Eine solche Situation wird aber jetzt in unzähligen Fällen eintreten. Eine weitere Problematik besteht darin, daß es bei 80 Millionen elfzähligen Personenkennziffern immer wieder zu Verwechslungen, Zahlendrehern, Übermittlungsfehlern kommen wird, so daß häufig ganz unbeteiligte Personen irrtümlich angesprochen oder überwacht werden. Auch ist nicht zu gewährleisten, daß die Bürger selbst irrtums- und fehlerfrei mit ihrer eigenen Identifikationsnummer umgehen werden oder wollen. Falsche Nummernangaben könnten das System schwer stören oder aushebeln. Verfahrensrechtlich könnte gegen die Zuteilung der Ident-Nummer und etwa damit verbundene Auflagen Einspruch eingelegt werden. Grundlage hierfür ist die Aussage des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juni 2007, die in den angegriffenen Normen geregelten Datenabrufe griffen jedenfalls „in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein“ (unabhängig davon, ob der Eingriff verfassungsgemäß ist oder nicht). Damit ist das Vorliegen eines belastenden Verwaltungsaktes dokumentiert. In weiteren Verfahren könnten die Gerichte die Sache nach Art. 100 des Grundgesetzes dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, gegen eine ablehnende rechtskräftige Entscheidung wäre Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht zulässig. Möglichst viele Bürger sollten sich gegen die hier Gesetz gewordene katastrophale Weichenstellung wehren, bevor es zu spät ist. Stichwort: Identifikationsnummer (IdNr) Sie soll der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens und dem Abbau der Bürokratie dienen – die steuerliche Identifikationsnummer (IdNr). In den derzeitigen Steuernummersystemen sind Steuerpflichtige bisher nicht eindeutig identifizierbar, heißt es im Bundesfinanzministerium. Also erhält in Kürze jedes neugeborene Kind, jeder mit alleiniger Wohnung oder Hauptwohnung im Melderegister registrierte und jeder, der in Deutschland steuerliche Pflichten zu erfüllen hat, eine IdNr. Sie wird vom Bundeszentralamt für Steuern vergeben und erlischt spätestens 20 Jahre nach dem Tod. Foto: Der neue, durchnumerierte Bürger: Am Ende werden Familien- und Vornamen allenfalls noch eine folkloristische Nebenrolle spielen und schließlich verschwinden

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