Gardemaß, gertenschlank, mit schneeweißem Haar, knapp gestutztem Schnurrbart und meist eiligem, federnden Schritt – so war er über viele Legislaturperioden auf den Fluren des Bundestags anzutreffen. Daß er ein Lebensjahrzehnt zum nächsten fügte, sah man ihm nicht an. Wenn Anpassungsbereitschaft Politiker kennzeichnet – dann war Herbert Hupka keiner. Er konnte für sich das Motto der Garde in Anspruch nehmen: Semper talis – immer der gleiche. Ob er noch der SPD-Fraktion oder schon der CDU-Fraktion angehörte, war dafür belanglos. Zu den Themen, die ihm wichtig waren, das Schicksal des geteilten Deutschland, das der Vertriebenen, insbesondere aber das der Schlesier, war sein Standpunkt unverrückbar. Hupka hielt am Anspruch auf die nationale Einheit und auf Heimat fest. Am 24. August ist er nach einem Sturz im Alter von 91 Jahren gestorben. Kaum ein anderer Lebenslauf ist vom Schicksal Deutschlands im 20. Jahrhundert so geprägt worden wie seiner. Schon seine Geburt zeugt davon. Er wird am 15. August 1915 in dem britischen Internierungslager Diyatalawa auf Ceylon geboren, weil die Engländer seine Eltern bei Kriegsausbruch internierten, als sie sich auf dem Weg nach China befanden. Erst 1919 kann die Familie ins oberschlesische Ratibor zurückkehren. Nach dem Abitur kann Hupka zwar Geschichte und Germanistik studieren und auch noch promoviert werden, das Staatsexamen aber verwehren ihm die Nürnberger Rassegesetze. Seine Mutter ist Jüdin und er folglich „Mischling“. Aus der Wehrmacht wird er 1944 ausgestoßen – was die Polen nicht hindert, ihn 1945 aus Ratibor zu vertreiben. In München findet er als Redakteur beim Bayerischen Rundfunk eine Existenzgrundlage. Im Zentrum seiner Aktivitäten aber steht nun das Schicksal der Vertrieben. 1948 wird er Mitbegründer der Landsmannschaft Schlesien. 1952 wird er zu ihrem Landesvorsitzenden, 1968 zu ihrem Bundesvorsitzenden. Daß man in eine der großen Parteien eintreten muß, wenn man etwas bewirken will, veranlaßt ihn, 1955 in die SPD einzutreten, denn für Kurt Schumacher und Paul Löbe hat er größere Sympathien als für die damalige CSU. 1969 zieht er für die SPD in den Bundestag ein. Diese Vernunftehe endet mit Brandts Ostpolitik. 1972 tritt er aus der SPD aus und in die CDU und ihre Bundestagsfraktion ein. Deren Freude ist groß – aber nicht von Dauer, denn mit der faktischen Übernahme der Brandtschen Ostpolitik wird Hupka auch hier als Fremdkörper empfunden. Seine Absicht, das Schlesiertreffen von 1985 unter das Motto zu stellen „Schlesien bleibt unser“, führt zum offenen Zerwürfnis. Das Kapitel CDU ist für ihn zu Ende. 1986 verzichtet er auf eine abermalige Kandidatur. Die mit dem Ende des Ostblocks gegebene Möglichkeit, in Polen Kontakte aufzunehmen, nutzte Hupka. Als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der ostdeutschen Landsmannschaften war er häufiger Gast in Warschau, wo er den Kontakt zu den Parteien suchte. Noch im hohen Alter bemüht er sich um Annäherung und Verständigung – nicht ganz ohne Erfolg. Seiner Heimatstadt Ratibor kann er zu einer neuen Kläranlage verhelfen, und die zeigt sich dafür erkenntlich, indem sie ihn als „verdienten Bürger der Stadt“ ehrt. Ein versöhnlicher Schlußakkord eines schwierigen Lebens.
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