NÜRNBERG. 26 Prozent der nach Deutschland eingewanderten Migranten haben im vergangenen Jahr überlegt, das Land wieder zu verlassen. Das geht aus einem Forschungsbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Bemerkenswert: Unter gut Qualifizierten, Beschäftigten und gut Verdienenden ist der Anteil der Migranten mit Auswanderungsüberlegungen dabei jeweils höher als unter den schlecht Qualifizierten, Nichtbeschäftigten und schlecht Verdienenden. Die Studie basiert auf Daten, die durch die Befragung von rund 50.000 Migranten gewonnen wurden.
Konkret plant demnach eine gute Mehrheit der Eingewanderten, rund 5,7 Millionen Menschen, dauerhaft in Deutschland zu bleiben. 1,2 Millionen und damit zwölf Prozent streben einen vorübergehenden Aufenthalt an, etwa drei Millionen und damit 30 Prozent sind unentschlossen. 2,6 Millionen Menschen (26 Prozent) geben an, im vergangenen Jahr über eine Ausreise nachgedacht zu haben, und 300.000, also drei Prozent, haben sogar konkrete Abwanderungspläne.
Asylanten wollen eher nicht gehen
Die Forscher haben die Migranten jeweils nach unterschiedlichen Kategorien unterteilt. Auf diese Weise fanden sie etwa heraus, daß unter jenen, die als Asylsuchende beziehungsweise Flüchtlinge zuzogen, 16,5 Prozent Auswanderungsüberlegungen hegen. Unter denen, die für Arbeit oder Arbeitssuche nach Deutschland kamen, sind es hingegen 29,5 Prozent.
Abweichungen ergeben sich auch mit Blick auf den Beschäftigungsstatus. Demnach denken unter den vollzeitbeschäftigten Migranten 28,8 Prozent über eine Auswanderung nach, unter den Arbeitssuchenden sind es dagegen 23,8 Prozent.
Noch deutlicher sind die Unterschiede mit Blick auf die jeweiligen Bruttoverdienste. Unter jenen, die weniger als 2.100 Euro als ihren Bruttoverdienst angaben, liebäugeln 24,3 Prozent mit einer Auswanderung. Von jenen, die mehr als 5.300 Euro verdienen, sind es hingegen ganze 38,9 Prozent.

Hohes Abwanderungsrisiko in Branchen mit Fachkräftemangel
Ähnliche Differenzen zeigen sich beim jeweiligen Bildungshintergrund. Von den Migranten über 18 Jahre, die einen Abschluß auf Sekundarstufe I oder wenig haben, denken nur 15,5 Prozent über eine Abwanderung nach. Unter jenen mit einem Bachelor beziehungsweise Diplom einer Fachhochschule sind es schon 28,7 Prozent, bei jenen mit Master, universitärem Diplom oder Doktor dann mehr als jeder Dritte.

Besonders hoch ist das Abwanderungsrisiko gerade in jenen Branchen, in denen ein spezieller Fachkräftemangel besteht, etwa in der IT und den technischen Dienstleistungen. So machen sich 38,7 Prozent der im Bereich „Information und Kommunikation“ erwerbstätigen Migranten über eine Auswanderung Gedanken.
Zugleich sind es vor allem die jüngeren Migranten, die mit einer Auswanderung liebäugeln. Unter den 30- bis 34jährigen tut dies jeder Dritte, unter den unter 25jährigen gut jeder Vierte. Bei den über 60jährigen beläuft sich der Anteil dagegen auf lediglich 14,1 Prozent.
Bürokratie und Steuern treiben Menschen weg
Auch der Blick auf die angegebenen Gründe für Auswanderungsüberlegungen ergibt ein deutliches Bild. 36 Prozent der betroffenen Migranten nennen die allgemeine wirtschaftliche Lage in Deutschland als Ursache, 39 Prozent die aufwändige Bürokratie und 40 Prozent die steuerliche Last.
Aber auch persönliche Vorlieben, etwa mit Blick auf eine andere Lebensart und der Blick auf die politische Lage in Deutschland, spielen mit 41 und 44 Prozent eine wichtige Rolle. Diskriminierungserfahrungen nennen 28 Prozent, die Lage am Wohnungsmarkt 25 Prozent.
Wo zieht es die Migranten hin, die ihre Abwanderung bereits planen? Sofern sie zurück in ihre jeweiligen Herkunftsländer gehen, sind dies zuvörderst Polen (15 Prozent), Rumänien (zehn Prozent) und die Türkei (acht Prozent). Wenn sie in ein anderes Land weitermigrieren, nehmen sie vor allem die Schweiz in den Blick (19 Prozent), dann die USA (zehn Prozent) und Spanien (neun Prozent). (ser)