Das starke Wahlergebnis der AfD schadet dem Tourismus. Das behauptet zumindest der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Mecklenburg-Vorpommern. Oder behauptet er es doch nicht? So sicher scheinen sich der Verband und sein Landespräsident Lars Schwarz selbst nicht zu sein.
Dabei war Schwarz nach der Bundestagswahl mit Aussagen vorgeprescht, die eigentlich keinen Zweifel zulassen. „Ich bekomme von den Mitgliedern jeden Tag Informationen, daß Gäste mit der Begründung ‘AfD’ stornieren“, sagte er der Ostsee-Zeitung. „Das ist ein Thema, das uns massiv umtreibt.“ Die Bild griff Schwarz‘ Behauptung unter der Schlagzeile auf: „Ostsee-Hotels beklagen Storno-Welle ‘wegen AfD’.“ Hintergrund für die Aussagen war das AfD-Rekordergebnis in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Partei 35 Prozent holte und wie in allen Ost-Bundesländern als klarer Sieger aus der Wahl hervorging.

Schwarz rudert zurück
Besondere Brisanz gewann die Behauptung durch Schwarz‘ parteipolitische Tätigkeit für die CDU. Der Hotelier hat seit über zehn Jahren das Bürgermeisteramt in Gnoien nahe Rostock inne. Nach seiner Wiederwahl im vergangenen Sommer ließ er laut NDR die AfD-Abgeordneten in der Stadtvertretung wissen, er werde demokratie- und verfassungsfeindlichen Bestrebungen oder Rechtspopulismus jederzeit entgegentreten. Nutzt da also ein CDU-Funktionär seine Rolle in einem überparteilichen Verband, um gegen den politischen Gegner zu schießen?
Die Frage scheint sich inzwischen erübrigt zu haben, denn nur wenige Tage nach seinen Ausführungen in der Ostsee-Zeitung vollzog Schwarz eine 180-Grad-Wende. „Es gibt keine Storno-Welle“ und „keinen meßbaren Buchungsrückgang“, machte er in der Berliner Zeitung und im Nordkurier deutlich. Vielmehr seien die „Vorbuchungsindikatoren positiv“. Die Branche könne einen „sehr guten Tourismus-Sommer“ erwarten.
Tourismusverband: „Keine Stornierungswelle“
Hat die Ostsee-Zeitung die Zitate demnach frei erfunden? Dazu äußerte sich Schwarz nicht, weder in der Berliner Zeitung noch im Nordkurier. Auch auf mehrfache Anfrage der JUNGEN FREIHEIT wollte der Dehoga-Landeschef seinen seltsamen Zickzack-Kurs nicht erklären.
Eine eindeutige Stellungnahme kam dagegen vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern. Geschäftsführer Tobias Woitendorf, zugleich Tourismusbeauftragter des Landes, betonte auf JF-Anfrage: „Eine Stornierungswelle aufgrund der Bundestagswahl sehen wir nicht.“ Grundsätzlich hätten das Wahl- und Reiseverhalten „laut Studien und Erfahrungen wenig miteinander zu tun.“