HAMBURG. Der TikTok-Prediger Abul Baraa – bürgerlich Ahmad Armih – hat, trotz Überwachung durch den Verfassungsschutz, in Hamburg seine steinzeitliche Weltanschauung verbreiten können. Wie die Bild-Zeitung berichtet, sprach der 51jährige Imam vor rund 100 Anhängern am Samstagabend über die islamistische Sexualmoral.
Demnach wurden Männer und Frauen bei der Veranstaltung streng getrennt. Zuhörerinnen durften aus einem Nebenraum den Eingebungen des Predigers lauschen. Unter anderem habe er philosophiert, daß der Akt der Masturbation einen zu einem Ungläubigen mache.
Abul Baraa hetzt seit Jahren gegen Andersdenkende
Laut Niedersachsens Verfassungsschutz predige Baraa regelmäßig, daß „alle anderen Religionen neben dem Islam falsch seien und ihre Anhänger zwangsläufig in die Hölle kommen würden“. Auch gegen Homosexuelle teilte er in dem Gebetsraum im Hamburger Stadtteil St. Georg aus. In jenem Stadtteil befindet sich auch das Lesben- und Schwulenviertel Hamburgs.
Der Palästinenser predigte vor seiner TikTok-Karriere in der Berliner As-Sahaba-Moschee, die 2010 von Vertretern der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ gegründet wurde. 2018 ließ die Generalstaatsanwaltschaft die Moschee wegen des Verdachts der Terrorfinanzierung durchsuchen.
Gegen Auftritte Baraas können die Ermittlungsbehörden wenig unternehmen, sofern sie – wie nun in Hamburg – in privaten Räumlichkeiten stattfinden. Auch in den sozialen Netzwerken kann er sein Umwesen treiben. Auf TikTok hat er beinahe 90.000 aktive Follower. Millionen haben Kurzvideos mit dem #abulbaara gesehen.
Unbekannte Prediger werden zu TikTok-Stars
Unterdessen hatte der Brandenburger Verfassungsschutz im April 2024 bereits vor radikalen Islampredigern – wie Baraa – auf TikTok gewarnt. Diese erreichten mittlerweile „ein jugendliches Millionenpublikum im deutschsprachigen Raum“, hieß es in einer Sonderpublikation des Brandenburgischen Verfassungsschutzes. Ermittler gingen der Frage nach, wie die Mobilisierung der islamistischen Szene in Deutschland nach den Hamas-Anschlägen in Israel im Oktober ablief.
Durch die „themengebundene Auswahl“ sei TikTok „ein Angebot mit hohem Suchtpotential“, heißt es in dem Bericht „TikTokisierung des Islamismus“. Dabei seien „gerade Kinder und Jugendliche als die Hauptnutzer von TikTok die primär anvisierte Zielgruppe von Extremisten, also auch von Islamisten und salafistischen Predigern“.
Durch die Dynamik dieses neuen Mediums mit seiner persönlichen Ansprache „entwickelten sich seit 2021 in beachtlicher Geschwindigkeit weitgehend unbekannte Salafisten-Prediger zu islamistischen Influencern“. Personen wie Ibrahim El Azzazi – von Anhängern auch Sheikh Ibrahim genannt – oder Abul Baraa hätten sich so „mittlerweile zu einer Autorität in Islamfragen entwickelt“.
Ihre Inhalte bereiteten diese jugendgerecht auf. „Generell wirkt die Inszenierung in den Videos seriös islamisch, gleichzeitig locker und harmlos sowie in manchen Fällen sogar lustig. Das schafft Vertrauen und bringt den strengen Salafisten-Predigern unzählige Likes, Kommentare sowie eine treue Fangemeinde ein.“ Durch ihre Popularität können die Akteure inzwischen Großveranstaltungen organisieren, die wiederum neuen Inhalt für TikTok liefern. (sv)