HAMBURG. Einsatzerfahrungen beeinflussen das Bild, das Polizisten von Migranten haben. Zu diesem Schluß kommen die Autoren eines Forschungsprojekts zu „demokratiebezogenen Einstellungen und Wertehaltungen in der Polizei Hamburg“. „Wer bereits über mehrere Jahre in der Berufspraxis war, tendiert unter sonst vergleichbaren Umständen eher zu Rassismus und Menschenfeindlichkeit“, behauptete Eva Groß, Professorin an der Hamburger Polizeiakademie, im Interview mit der Zeit.
Stefanie Kemme, Professorin an der Universität Münster, ergänzte, es sei „sehr auffällig“, daß „Populismus, Verschwörungsglaube und andere problematische Haltungen“ bei der Hamburger Schutzpolizei signifikant erhöht seien. „Also bei den Beamten, die täglich auf der Straße im Einsatz sind.“
Deutschland gefährlich überfremdet?
Die Studienmacher hatten eine Totalerhebung unter allen Beschäftigten der Hamburger Polizei geplant. Letztlich erreichten sie eine Rücklaufquote von 18,1 Prozent. Dabei fanden sie unter anderem heraus, daß rund 36 Prozent der Polizisten zumindest teilweise der Aussage zustimmten, die Bundesrepublik sei „in einem gefährlichen Maß überfremdet“. Jeder zweite war zumindest teilweise der Auffassung, daß Sinti und Roma zu Kriminalität neigten.
Insgesamt ergebe sich im Vergleich zur Mitte-Studie von 2020/21 bei der „Abwertung asylsuchender Menschen“ ein leicht höherer Mittelwert. Die Forscher stellten zudem fest, daß die Polizisten Muslimen vergleichsweise häufig die Stereotype „undemokratisch“ und „fremdartig“ zuschreiben würden. Zugleich würden „arabische“ Gesichter von ihnen als bedrohlicher und weniger sympathisch bewertet als „typisch weiße“ Gesichter.
„Ein Viertel bezeichnet sich als rechts“
Darüber hinaus stimmten viele Ordnungshüter populistischen Aussagen zu. So bejahten zwei von drei Polizisten zumindest teilweise, daß die demokratischen Parteien alles zerredeten und die Probleme nicht lösten.
Die Forscher ermittelten auch, wie sich die Polizisten selbst politisch einschätzen. „Etwa ein Viertel bezeichnete sich als links“, sagte Eva Groß der Zeit. „Aber ein fast genauso großer Anteil als rechts oder sogar rechts außen.“ Indes verorte sich der größte Anteil selbst in der Mitte des politischen Spektrums.
Scharfe Kritik aus der Gewerkschaft der Polizei
Dirk Nockemann, Vorsitzender der AfD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, sagte unter Bezug auf die Umfrageergebnisse, die Polizisten bekämen „die Negativfolgen der Massenmigration – die unverhältnismäßig hohe Ausländerkriminalität – tagtäglich am eigenen Leib zu spüren“. So seien sie anders als „Linksgrüne in ihrer Seifenblase“ mit der Realität konfrontiert.
Derweil übten die Polizeigewerkschaften deutliche Kritik an der Studie. Man fühle sich „pauschal in eine Ecke gestellt und als Rassisten verunglimpft“, hieß es etwa von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der stellvertretende GdP-Chef in Hamburg, Lars Osburg, führte aus, seine Kollegen sorgten dafür, daß jeder weiterhin auch Blödsinn sagen dürfe. „Dazu gehört auch der Versuch, die Polizei Hamburg in die rechte Ecke zu stellen.“ (ser)