BERLIN/DRESDEN. Der Politologe Werner J. Patzelt hat SPD und CDU den parlamentarischen Untergang vorausgesagt und als Warnung das Beispiel der Liberalen genannt: „Die FDP hat gewaltig an Glaubwürdigkeit verloren, und sie ist den Weg vorausgegangen, den, wenn es sehr, sehr schlimm kommt, SPD und CDU auch noch nehmen werden.“ Das sagte der Politikwissenschaftler am Dienstag bei Welt-TV.
Vor allem die Union könne dieses Szenario verhindern, wenn sie sich nicht länger an linke Parteien kette. Patzelt: „Die Wahl, welche die Union hat, ist, entweder an der Seite der SPD weiter zu schrumpfen und irgendwann als relevante politische Kraft unterzugehen oder aber dahin zu springen, wohin sie nicht springen will, nämlich zur fallweisen Zusammenarbeit mit der AfD.“
Patzelt: Linke Politik für rechte Mehrheit
Die CDU habe sich jedoch bislang dafür entschieden, auf keinen Fall mit der „inzwischen ab und zu stärksten deutschen Partei“ zusammenzuarbeiten. Patzelt: „Folglich wird sie weiter an der Seite der SPD schrumpfen.
Der 72jährige sieht in der Bundesrepublik „eine rechte Bevölkerungsmehrheit, von der ein Teil daran verzweifelt, daß man auf alle Fälle Mitte-Links-Politik in Deutschland bekommt und deswegen erst recht sich genötigt sieht, die AfD zu wählen“. Patzelt nahm Bezug auf die aktuelle Forsa-Umfrage, die die AfD nach hundert Tagen schwarzer-roter Koalition zwei Punkte vor der Union sieht.
Er appellierte, in Deutschland sei es „wirklich notwendig, daß die Bürgerschaft wieder eine klare Wahl zwischen Mitte-Links und Mitte-Rechts hat“. Doch genau diese klare Entscheidung werde ihr verweigert, beklagte der frühere Professor der TU Dresden.
Merz müsse Grundhaltung ändern
Der Fehler liege auch bei Bundeskanzler Friedrich Merz: „Strategisch hätte er eine Zusammenarbeit mit der AfD niemals ausschließen dürfen. Taktisch war es sehr günstig. Und ein politischer Führer, der nur taktisch und nicht strategisch denkt, der nutzt sich ab, und er gerät allmählich in die Lage, daß man ihm nicht mehr vertraut.“
Genau das widerfahre Merz, wenn er nicht bald umschalte von einer taktischen „zu einer strategischen Grundhaltung, die nur von der SPD wegführen kann“. Wenn er sich nicht bald entscheide, seine Taktik aufzugeben, „wird er in Erinnerung bleiben, als jener Kanzler, der eine der kürzesten Regierungszeiten der Republik hatte“. (fh)