LÜNEBURG. Der Lüneburger Stadtrat hat beschlossen, die Hindenburgstraße umzubenennen – gegen den Willen der Anwohner. Künftig soll sie Gartenstraße heißen, entschied eine Mehrheit aus Grünen, SPD und der gemeinsamen Gruppe aus Linkspartei und Die Partei. Dagegen stimmten Stadträte von CDU, FDP, AfD und der Basis. Zuvor hatte sich auch eine Mehrheit der Anwohner gegen eine Umbenennung ausgesprochen.
Dafür befragte die Stadtverwaltung die 802 Anwohner der Hindenburgstraße. 338 Personen nahmen an der Befragung teil – sozusagen eine Wahlbeteiligung von 42 Prozent. „Das ist ein erfreulich hoher Rücklauf“, betonte Kulturdezernent Matthias Rink (CDU) noch Anfang März. Bei der jüngsten Stadtratswahl beteiligten sich vergleichsweise rund 56 Prozent. Die Ergebnisse der Befragung zur Umbenennung der Hindenburgstraße liegen der JUNGEN FREIHEIT vor.
Demnach sprach sich die Mehrheit der Befragten (58,57 Prozent) gegen die Umbenennung der Hindenburgstraße aus. Dafür war ein Drittel. Die übrigen Fragebögen waren aufgrund von Fehlern ungültig. Sollte die Straße dennoch einen neuen Namen erhalten, so sprachen sich Anwohner, Gewerbe und Eigentümer für den historischen Namen Gartenstraße aus. Allerdings wurden auch weitere Vorschläge unterbreitet, wie etwa Geschwister-Reiminius-Straße, Sonja-Barthel-Straße oder Carpe-Diem-Straße.
Gartenstraße soll Hinweistafel auf Hindenburg bekommen
Der zuständige Lüneburger Ausschuß für Kultur und Partnerschaften legte daraufhin zwei Vorgehensweisen vor: den demokratischen Entscheidungen der Befragten folgen oder den demokratischen Entscheidungen der Befragten nicht folgen. Der Stadtrat entschied sich am vergangenen Freitag nun mehrheitlich bei zwei Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen für die Umbenennung in Gartenstraße. Zudem soll eine Hinweistafel zur Historie der Straßenumbenennung aufgestellt werden.
Welche bürokratischen Aufgaben nun auf die Anrainer zukommen, will die Hansestadt schriftlich kommunizieren. Für etwaige Kosten wird Lüneburg aufkommen, allerdings nur auf Antrag der Anwohner. Neue Straßenschilder wurden indes noch nicht installiert.
Vor dem nun gefaßten Entschluß stritt der Stadtrat jahrelang über die Umbenennung. Den Namen Gartenstraße trug die Verkehrsader bereits zuvor. Erst 1933 erhielt sie den Namen Hindenburgstraße, wurde dann 1947 auf Weisung der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges in Gartenstraße zurückbenannt und 1952 zum zweiten Mal Hindenburgstraße getauft.
Lüneburg ist kein Einzelfall
Der ehemalige Reichspräsident Paul von Hindenburg gilt als Wegbereiter Hitlers. Dabei stand der Heerführer des Ersten Weltkrieges loyal, wenn auch persönlich wenig überzeugt zur Weimarer Verfassung. In der von Turbulenzen geprägten deutschen Demokratie fungierte Hindenburg als „Ersatzkaiser“. Mit seinem Tod 1934 vereinte Hitler das Amt des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers.
#OnThisDay 1925: Der 77-jährige Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg wird zum zweiten Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt. Er blieb bis zu seinem Tod 1934 deutsches Staatsoberhaupt, als der von ihm ernannte Reichskanzler Adolf Hitler auch dieses Amt übernahm. pic.twitter.com/ug0jWW8Rot
— dpa (@dpa) April 26, 2020
In zahlreichen Städten soll sein Name von den Karten getilgt werden. In Trier (2020), Hannover (2023), Darmstadt (2023) und Siegen (2023) tauschten Kommunalpolitiker von SPD und Grünen bereits den Namen aus. Nicht selten gegen Opfer oder Gegner des Nationalsozialismus. In Berlin wurde Hindenburg posthum die Ehrenbürgerschaft entzogen. Die SPD-Fraktion in Lüneburg reichte einen entsprechenden Antrag für die nächste Ratssitzung ein. (sv)