FRANKFURT. Das Landgericht Frankfurt am Main darf einen Angeklagten, der sich selbst als non-binär betrachtet, weiterhin mit „Sehr geehrter Herr“ anschreiben. Der Angeklagte, der sich derzeit in einem Berufungsverfahren wegen des Vorwurfs der Beleidigung befindet, hatte sich per Antrag gegen die Anrede gewandt. Es solle festgestellt werden, „daß die wiederholte männliche Ansprache durch das Landgericht rechtswidrig“ sei, faßt das Oberlandesgericht die Forderung des Angeklagten zusammen.
Der zuständige 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts wies den Antrag zurück. Die Anrede stelle keine Rechtswidrigkeit dar, weil sie nicht in „Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen“ verwendet worden sei. Die Schreiben, in denen sie verwendet worden sei, hätten sich lediglich auf geänderte Terminplanungen, Übersendungen von Anlagen oder auf neue Berufungsverhandlungstermine bezogen. „Die in diesen Schreiben jeweils enthaltene männliche Ansprache ‚Sehr geehrter Herr’ enthält damit keine Regelung an sich“, schlußfolgert das Gericht.
Non-binäre Personen können teilweise auf Ansprache bestehen
Die männliche Anrede sei schlicht „Ausdruck einer gängigen Höflichkeit“ und kein Bestandteil einer richterlichen Maßnahme. Diese Entscheidung sei zudem nicht anfechtbar.
Das Urteilt zeigt eine juristische Ausnahme für die Pflicht auf, von Personen selbstgewählte Geschlechterzugehörigkeiten in Ansprachen zu verwenden. In anderen Bereichen können Einzelpersonen klagen, wenn sie mit ihrer Ansicht nach falschen Pronomen adressiert werden. 2022 wurde etwa die Deutsche Bahn verurteilt, weil sie einen sich als divers identifizierenden Kunden mit „Herr“ ansprach (JF berichtete). (lb)






