DRESDEN. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat den Polizeieinsatz bei dem Publizisten Norbert Bolz wegen eines harmlosen X-Beitrags gerechtfertigt. „Naziparolen dürfen wir nicht dulden“, sagte der Christdemokrat der Bild-Zeitung. „Wer das tut oder den Hitlergruß zeigt, der muss in diesem Land mit Bestrafung rechnen.“
Laut der Zeitung akzeptierte er das Argument nicht, daß Bolz den auch von den Nationalsozialisten gebrauchten Ausspruch „Deutschland, erwache!“ offensichtlich satirisch gebraucht hatte: „Da kann man versuchen, sich herauszureden und sagen, das ist Satire. Das werden Gerichte klären, ob das der Fall ist“, betonte er.
Offenbar nahm Kretschmer dabei auf Deutschlands historische Verantwortung wegen der Verbrechen des Nationalsozialismus Bezug. „Deswegen hat das überhaupt nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Sondern das sind Straftatbestände, zu Recht!“
Lang sieht es anders als Kretschmer
Damit widerspricht Kretschmer im Fall Bolz auch zahlreichen linken Stimmen, die den Einsatz der Polizei inklusive angedrohter Hausdurchsuchung massiv kritisiert haben (die JF berichtete). So hatte etwa auch Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang betont, daß der Vorgang „absurd“ sei. „Und die so weitgehende Interpretation des Strafrechts bei Meinungsdelikten untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat.“
Bolz hatte am Donnerstagmorgen unangemeldeten Besuch von vier Polizisten erhalten. Die Beamten rückten mit einer gerichtlichen Ermächtigung zur Hausdurchsuchung an (die JF berichtete). Anlaß war ein X-Beitrag des Medienwissenschaftlers vom Januar 2024, in dem er ironisch auf einen taz-Beitrag Bezug genommen hatte. Die Zeitung hatte geschrieben: „AfD-Verbot und Höcke-Petition: Deutschland erwacht“.
Dazu hatte Bolz wiederum ironisch kommentiert: „Gute Übersetzung von ‘woke‘: Deutschland erwache!“ Die Staatsanwaltschaft wirft ihm deswegen das Verwenden eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation vor, nämlich der NSDAP. Bolz kooperierte mit der Polizei und zeigte ihr den Computer, auf dem er den X-Beitrag seinerzeit verfaßt hatte. Die Polizei machte ein Bild davon. Den Computer konnte Bolz letztlich behalten. (ser)






