BERLIN. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat für seinen Linksschwenk nach der Bundestagswahl innerparteilichen Beifall erhalten. Der ehemalige CDU-Generalsekretär und Linksaußen der Partei, Ruprecht Polenz, hält den Kurswechsel für angebracht: „Merz hat Loyalität und Unterstützung verdient. Die Lage war schon lange nicht mehr so ernst.“
Denn das zweitschlechteste Ergebnis der CDU-Geschichte habe gezeigt, daß nur wenige Wähler den vor der Wahl versprochenen Kurs unterstützten. Polenz: „Das ist eher ein Signal für Kurskorrekturen, statt darüber zu klagen, daß das eigene Programm im Koalitionsvertrag nicht zu hundert Prozent durchgesetzt werden konnte“, sagte er dem Tagesspiegel.
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar hatte die Union 28,5 Prozent der Stimmen geholt – weniger gab es nur vier Jahre zuvor mit 24,1 Prozent. Nach der Wahl und Merz‘ Kurswechsel ist die CDU/CSU in den jüngsten Umfragen von Forsa und Insa allerdings auf 25 Prozent und teilweise sogar auf Platz zwei hinter die AfD zurückgefallen.
CDU soll Merz „geschlossen unterstützen“
Vor knapp zwei Wochen hatte bereits die frühere CDU-Vorsitzende Angela Merkel, der Polenz als Generalsekretär diente, den Koalitionsvertrag von Union und SPD gelobt. Sie habe das Ergebnis „mit Wohlgefallen gesehen“. Auch die Migrationspolitik sei „genau das, was ich immer wollte“.
Auch der linksgerichtete Arbeitnehmerflügel innerhalb der Partei, die CDA, stellte sich nun demonstrativ hinter den designierten Bundeskanzler. „Friedrich Merz tut in der extrem schwierigen Lage das absolut Richtige“, meinte der CDA-Vorsitzende Dennis Radtke in derselben Zeitung: „Es geht jetzt nicht um fetzige Überschriften oder um Glaubenssätze von Wirtschaftsliberalen.“ Er erwarte von der Partei, daß diese Merz‘ neuen Kurs „geschlossen und loyal unterstützt“.
Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) bestritt sogar, daß die Union nun anderes tue, als sie vor der Wahl versprochen habe: „Ich sehe nicht, daß Fehler gemacht wurden.“ Im Gegenteil: „Wir haben sehr, sehr viel durchgesetzt; der Koalitionsvertrag trägt eine deutliche CDU-Handschrift.“ Man habe alle zentralen Unionspunkte durchsetzen können, sagte er bei Welt-TV.
AfD „tritt unsere Werte mit Füßen“
Erst wenn die neue Regierung auch wirklich im Amt sei, werde die Migrationswende für die Bevölkerung deutlich sichtbar werden, glaubt Poseck. „Bis dahin braucht es leider noch etwas Geduld.“ Gleichzeitig betonte der CDU-Politiker mit Blick auf die jüngste Forsa-Umfrage, in der die AfD vor der Union liegt, die AfD sei „eine in Teilen rechtsextreme Partei“.
Poseck ergänzte: „Sie tritt unsere Werte mit Füßen, insbesondere die Werte unseres Grundgesetzes. Wir müssen alles dafür tun, daß sich diese guten Umfragewerte der AfD nicht auf Dauer erhalten und daß wir die AfD wieder kleinbekommen.“ Derzeit fordert vor allem die SPD-Spitze, möglichst schnell ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten, damit diese 2029 bei den Bundestagswahlen nicht wieder antreten kann. (fh)