BERLIN. Der Bundesrechnungshof hat scharfe Kritik an einem milliardenschweren IT-Projekt der Bundeswehr geübt. Die geplante digitale Vernetzung von Gefechtsständen mittels des neuen Richtfunksystems TaWAN LBO wurde ohne reguläres Vergabeverfahren direkt an Rheinmetall Electronics erteilt.
Dabei sei eine kostengünstigere Alternative nicht bevorzugt worden. Trotz dieser Bedenken segnete der Haushaltsausschuß des Bundestags das Projekt Ende Januar ab – die Kritik wird erst jetzt öffentlich.
Laut den vorliegenden Informationen belaufen sich die Gesamtkosten des Projekts über einen Zeitraum von knapp zehn Jahren auf rund 5,5 Milliarden Euro.
Der Rechnungshof bemängelt unter anderem, daß die Einsatzfähigkeit der Systeme nicht gesichert sei und warnt vor möglichen „Investitionsruinen“. In der Vorlage heißt es weiter, daß der Vertragspartner die Anforderungen der Bundeswehr an die Software größtenteils nicht erfüllen könne und der erwartete „Einsatzwert“ der Software bislang nicht überzeugend sei.
Hektische Phase vor der Wahl wurde von Rheinmetall genutzt
Auch im Bundestag regt sich Widerstand. Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz kündigte eine weitergehende parlamentarische Prüfung an. „Bei fast sechs Milliarden Euro muß eine genaue Kontrolle erfolgen. Nach der Bewilligung sollte ein Haushaltsvermerk eingeführt werden“, erklärte Schwarz gegenüber dem Stern.
Er kritisierte zudem die überhastete Befassung des Ausschusses: „Die Gelegenheit wurde genutzt, und die Unternehmen profitieren davon, daß das Parlament im Januar, kurz vor den Neuwahlen, einem wilden Hühnerhaufen glich.“
Aus dem Ministerium von Verteidigungsminister Boris Pistorius gibt es bislang keine Stellungnahme. Auch Rheinmetall ließ Anfragen von Journalisten unbeantwortet. (rr)