BERLIN. Deutschland hat beim weltweiten Vergleich der Altersvorsorgesysteme erneut schlecht abgeschnitten. Laut dem aktuellen „Mercer Global Pension Index“ belegt die Bundesrepublik nur Platz 21 von 50 bewerteten Staaten. Länder wie die Niederlande, Dänemark, Island, Singapur oder Israel liegen klar an der Spitze.
Besonders schwach fällt das Urteil über Deutschland in zwei von drei Teilkategorien aus – Nachhaltigkeit und Integrität. Hier wird das Land sogar von Kasachstan, Malaysia oder Botsuana übertroffen.
Der Index wird jährlich von der Beratungsgesellschaft Mercer gemeinsam mit dem CFA Institute und der Monash University in Melbourne erstellt. Bewertet werden über 50 Einzelindikatoren, die in drei Hauptbereiche unterteilt sind: Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität. Sie fließen mit 40, 35 und 25 Prozent in die Gesamtwertung ein. Untersucht werden unter anderem Leistungshöhe, Systemstruktur, steuerliche Anreize, Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaftswachstum und das Vertrauen in die Institutionen.
Dem Rentensystem fehlt es an Finanzierbarkeit
Während das deutsche Rentensystem bei der Angemessenheit mit Rang neun noch solide abschneidet, fällt das Urteil bei der Nachhaltigkeit mit Platz 34 katastrophal aus. Auch bei der Integrität, also der Stabilität und Vertrauenswürdigkeit des Systems, reicht es nur für Platz 30. Damit erreicht Deutschland insgesamt 67,8 Punkte – Mittelmaß im internationalen Vergleich.
Nach Ansicht der Studienautoren fehlt es vor allem an langfristiger Finanzierbarkeit. Das System sei zu stark auf Umlagebasis ausgerichtet und berücksichtige den demographischen Wandel zu wenig. Schon heute übersteige die Zahl der Rentner deutlich jene der Beitragszahler, und die Entwicklung verschärfe sich weiter.
„Wir wissen seit Jahrzehnten, daß das System kippen wird – und tun zu wenig, um es zu ändern“, warnt der Generationenforscher Rüdiger Maas. Er verweist auf eine aktuelle Umfrage, wonach 44 Prozent der Deutschen die Belastung der Jüngeren durch das Renten- und Sozialsystem als „zu hoch“ empfinden. Nur ein gutes Drittel hält sie für angemessen. „Der Generationenvertrag ist eine Frechheit gegenüber den Jüngeren“, so Maas. „Sie finanzieren ein System, von dem sie selbst kaum noch profitieren werden.“
Aktienrente liegt auf Eis
Auch das Vertrauen in die staatliche Altersvorsorge nimmt ab. Viele Bürger glauben laut der Umfrage nicht mehr daran, im Alter eine ausreichende Rente zu erhalten. Dennoch stößt eine Anhebung des Rentenalters weiterhin auf breite Ablehnung. Nur zwischen zehn und 17 Prozent der Befragten würden diesen Schritt unterstützen. Zustimmung gibt es dagegen für den Ausbau kapitalgedeckter Modelle. Die Einführung einer Aktienrente fand unter der früheren Regierung aus CDU, FDP und Grünen eine Mehrheit, ist jedoch nach dem Regierungswechsel zu Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) vorerst auf Eis gelegt worden.
Maas fordert nun einen „echten Neustart im Denken“. Ein gerechter Generationenvertrag müsse alle Gruppen erfassen – auch Beamte und Selbständige. Nur dann könne das Vertrauen in das System wiederhergestellt werden. „Es reicht nicht, immer neue Kommissionen einzusetzen“, sagt Maas. „Wir brauchen endlich politische Entschlossenheit und ein Konzept, das langfristig trägt.“ (rr)