BERLIN. Der ehemalige SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel hat sich gegen ein AfD-Verbotsverfahren ausgesprochen. „Statt einen erneuten zum Scheitern verurteilten Versuch eines Verbots zum politischen Programm zu erheben, sollte sich die SPD lieber fragen, warum hunderttausende ehemalige SPD-Wählerinnen und -Wähler zur AfD gewechselt sind“, schrieb Gabriel in einer Mail an seine Partei, über die der Tagesspiegel berichtete. Auch der Bericht des Verfassungsschutzes zu einer mutmaßlichen Verfassungsfeindlichkeit der AfD sei so schwach, daß er nicht einmal dafür ausreiche, die gesamte Partei verfassungsfeindlich zu nennen.
Aus diesem Grund werde „es für die zum Verbot notwendige Verfassungswidrigkeit ohnehin nicht reichen. Ein SPD-Innenminister sollte so etwas eigentlich wissen“, betonte der frühere Außenminister. Damit spielt der Sozialdemokrat auf Thüringens Innenminister und Landesparteichef Georg Maier an, auf dessen ursprüngliche Rundmail Gabriel sich in seiner Replik bezog. Maier gilt als einer der bekanntesten Verfechter für ein AfD-Verbot in der SPD.
Gabriel schlägt anderen Weg vor
Gabriel schlug einen anderen Ansatz im politischen Kampf gegen die AfD vor. „Wenn die SPD sich formal mit der AfD auseinandersetzen will, dann sollte sie mal den Beamtenstatus von Herrn Höcke in Frage stellen“, forderte der ehemalige Vizekanzler. Denn wer gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoße, könne aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden und verliere „zumindest einen Teil seiner Pensionsansprüche“. Thüringens Innenminister Maier tue nichts in dieser Richtung.
Den aktuellen Parteitagsbeschluß, sich für ein AfD-Verbotsverfahren einzusetzen, bezeichnete Gabriel als „Ersatzhandlung“. Es sei wichtiger, „endlich die politischen Themen zu bearbeiten, die die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer scharenweise von der SPD zur AfD treiben“. Das erfordere aber mehr Engagement, harte Arbeit und Mut, „als solche dummen Verbotsanträge wiederzukäuen“. (st)