BERLIN. Nach dem Scheitern der FDP bei der Bundestagswahl hat Wolfgang Kubicki eine kritische Bilanz gezogen. „Eine AfD-Kanzlerin ist uns näher, als wir denken“, mahnte der FDP-Vize im Interview mit dem Focus.
Die Mehrheit der Wähler habe in den vergangenen Jahren „irgendwie rechts“ gewählt und werde nun mit einer Politik konfrontiert, die dem nicht gerecht werde. Diese Diskrepanz zwischen Wählerschaft und politischer Ausrichtung sei langfristig nicht tragbar und könnte das Vertrauen in die Demokratie weiter untergraben.
Kubicki bleibt politisch aktiv
Kubicki rechnete auch mit der gescheiterten Koalition mit SPD und Grünen ab: „Wir wollten die Ampel nie“, konstatiert er. Die FDP sei von Anfang an aufgerieben worden und habe mit einem Anteil von 11,4 Prozent in das Bündnis gestartet, nur um am Ende mit einem dramatischen Rückgang aus der Regierung hervorzugehen. Der Bruch der Koalition sei zu spät gekommen, was zu einem Vertrauensverlust und einer Entfremdung von der eigenen Basis geführt habe.
Trotz seiner Kritik bleibt Kubicki politisch aktiv. Beim Bundesparteitag im Mai wolle er erneut als stellvertretender Parteivorsitzender kandidieren. Auch wenn Christian Dürr als zukünftiger Parteichef gehandelt wird, nannte Kubicki Marie-Agnes Strack-Zimmermann als mögliche Führungskraft. Eine Neubewertung der Partei sei dringend erforderlich, um die FDP aus ihrer aktuellen Krise zu führen.
Kubicki zeigte sich auch besorgt über die Entwicklung in der Union und die Migrationspolitik von CDU-Chef Friedrich Merz. Eine Große Koalition aus Christdemokraten und Sozialdemokraten halte er für wenig tragfähig, da der Vertrauensverlust an der CDU-Basis enorm sei. (rr)