BERLIN/ATHEN. Deutschland und Griechenland haben sich offenbar darauf geeinigt, daß die Bundesregierung auf die Rückführung mehrerer tausend Dublin-Fälle in das EU-Land verzichtet. Das schreibt die Welt und beruft sich dabei auf griechische Medienberichte.
Die Einigung fällt demnach in den Kontext einer Verständigung des EU-Rats vom Montag. Dort hatten die Innenminister unter anderem einen neuen „Solidaritätspool“ vereinbart. Mit dessen Hilfe sollen die Staaten mit EU-Außengrenze durch andere Staaten von Migranten entlastet werden. Insgesamt sollen im kommenden Jahr 21.000 Migranten umgesiedelt werden (die JF berichtete).
„Keine zusätzliche Solidarität“, sagte Dobrindt
Deutschland wurde in diesem Zusammenhang laut einer Mitteilung des Rates nicht als besonders belastet eingestuft und ist daher zur Unterstützung verpflichtet. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hatte dagegen am Montag in der Bild ausgeführt, Deutschland habe erreichen können, daß seine Belastung anerkannt worden sei.
Der Christsoziale betonte, daß Deutschland zum Start „keine zusätzliche Solidarität im Rahmen des Solidaritätsmechanismus zeigen“ müsse. „Unsere Solidarität der Vergangenheit wird angerechnet auf die Solidarität für die Zukunft.“ Nun zeigt sich, daß Deutschland im Rahmen des Solidaritätsmechanismus zwar in der Tat zunächst keine Migranten aktiv aufnehmen muß.
Allerdings hat sich Berlin laut den Berichten darauf verpflichtet, die Rückführung einiger Migranten nach Griechenland zu unterlassen – obwohl die Bundesrepublik im Rahmen des bestehenden Dublin-Systems dazu eigentlich ein Recht hätte. Nach der Dublin-Verordnung sollen Migranten ihr Asylverfahren in dem Vertragsstaat durchlaufen, in dem sie als erstes angekommen sind.
Es soll um alle Migranten-Altfälle gehen
Der Verzicht auf die Überstellungen nach Griechenland soll alle noch offenen Altfälle betreffen. Insgesamt gibt es in Deutschland mehrere hunderttausend solcher Dublin-Fälle. Die meisten können aber sowieso nicht mehr zurückgeführt werden, weil eine Frist zur Rücküberstellung von sechs Monaten gilt. Im ersten Halbjahr 2025 versuchte Deutschland, insgesamt 3.554 Asylbewerber nach Griechenland zurückzuschieben, berichtet die Welt. Allerdings gelang das nur in 20 Fällen. Schätzungen der Zeitung zufolge soll es sich insgesamt um mehrere tausend Fälle handeln.
Das Bundesinnenministerium dementierte den Bericht nicht. „Mit Griechenland und Italien hat Deutschland dahingehende Verständigungen erzielt, daß der deutsche Solidaritätsbeitrag ausschließlich in Form einer Anrechnung mit unserer Belastung aus erfolgter Zuständigkeitsübernahme aus Sekundärmigration der Vergangenheit erfolgen wird.“
Zugleich betonte das Ministerium, es sei vereinbart worden, „daß die Dublin-Überstellungen nach Griechenland und Italien ab der neuen GEAS-Anwendung wieder aufgenommen werden“. Dies verdeutliche das gegenseitige Anliegen, die GEAS-Reform zum Gelingen zu führen, „zu der auch ein funktionierendes Dublin-Verfahren ein wichtiger Baustein ist“.
Dublin-System soll nun durchgesetzt werden
GEAS ist das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“. Dieses soll ab Juni 2026 greifen. Die Hoffnung des Innenministers ist, daß das Dublin-System dann auch tatsächlich umgesetzt wird und Länder wie Griechenland sich künftig um die bei ihnen ankommenden Migranten kümmern.
„Wir haben uns mit Griechenland und Italien darauf verständigt, daß sie Migranten wieder zurücknehmen, die über ihre Länder die Europäische Union betreten haben“, sagte Dobrindt dazu am Montag. „Wir bringen nun wieder Ordnung in die europäische Migrationspolitik.“
Die EU-Staaten verständigten sich auch erstmals auf eine gemeinsame Liste sicherer Herkunftsländer. Für Migranten aus diesen Staaten sind beschleunigte Verfahren möglich. Beschlossen wurde zudem das Konzept sicherer Drittstaaten. Der Vorstoß ermöglicht die Einrichtung sogenannter Rückführzentren in den entsprechenden Ländern. (ser)





