HAMBURG. Das Landgericht Hamburg hat dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am Montag per einstweiliger Verfügung verboten, konkrete Vorwürfe einer Frau gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar zu verbreiten. Das berichtet die Bild. Demnach hält das Gericht Persönlichkeitsrechte Gelbhaars für verletzt.
Es fehle an einer Grundlage für den Vorwurf, daß der Politiker „systematisch Frauen innerhalb der Partei belästigt“ habe, zitiert die Bild aus der Gerichtsentscheidung. Mit Blick auf zwei eidesstattliche Versicherungen, die sich der RBB vorlegen ließ, spricht das Gericht von „völlig inhaltsleeren Darlegungen“. Der öffentlich-rechtliche Sender kann gegen die Entscheidung vorgehen.
Damit dreht die Affäre um Falschberichterstattung im Fall Gelbhaar nun eine weitere Runde. Der RBB hatte im Dezember über konkrete Belästigungsvorwürfe gegen den 48jährigen berichtet. Dabei bezog er sich auf eidesstattliche Versicherungen verschiedener Frauen und anonyme Aussagen.
Besonders schwerer Vorwurf verlor Grundlage
In der vergangenen Woche gab der Sender dann bekannt, daß eine der Frauen offenbar gar nicht existierte. Vielmehr hatte sich eine grüne Bezirkspolitikerin mutmaßlich als die erfundene Person ausgegeben. Daraufhin löschte der RBB „sämtliche Beiträge, in denen es um konkrete Vorwürfe geht“. Welcher Vorwurf genau damit die Grundlage verloren hat, führte die Redaktion nicht aus. Sie machte aber deutlich, daß es sich um eine Anschuldigung handelt, die schwerwiegender ist als die anderen ihr bekannten Vorwürfe.
Grünen-Chef Felix Banaszak sagte am Montag, sieben Personen hielten nach wie vor an ihren Beschuldigungen gegenüber Gelbhaar fest. Gelbhaar selbst streitet alle Anwürfe ab. Für ihn hatte die Angelegenheit schwere Konsequenzen: Er zog seine Kandidatur für die Berliner Landesliste zurück und wurde als Direktkandidat in Berlin abgewählt.
Ex-Abgeordneter sieht „strukturelles Problem“
Derweil erklärte am Dienstag der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu in Folge der Affäre seinen Austritt aus der Partei. „Intrigen, Machtspiele und eklatante Fehlerkultur“ hätten diese zu einer Organisation gemacht, „die meine Überzeugungen und Werte nicht länger repräsentiert“, begründete er seinen Schritt.
„Die aktuellen Vorfälle sind kein isolierter Einzelfall, sondern Ausdruck eines tief verwurzelten strukturellen Problems im grünen Landesverband Berlin“, führte Mutlu weiter aus. Gelbhaar sei „politisch vernichtet“ worden. Dabei sei das Muster immer gleich: „Es wird mit Unterstellungen gearbeitet, die jeglicher Grundlage entbehren, deren Zerstörungskraft jedoch unwiderruflich bleibt.“
Der RBB gestand am Sonntag ein, daß ihm „ein Fehler unterlaufen“ sei: „Journalistische Standards sind nicht vollumfänglich eingehalten worden“, sagte Chefredakteur David Biesinger. Der Sender versprach, den Ablauf detailliert zu analysieren und notwendige Schlußfolgerungen zu ziehen. (ser)