BERLIN. 98 Prozent der Asylmigranten, die zwischen 2013 und 2019 nach Deutschland gekommen sind, wollen langfristig bleiben – und streben die Einbürgerung an. Das geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor, in der Einwanderer befragt wurden. Hauptmotive für die angestrebte Einbürgerung sind laut DIW der verbesserte Zugang zum Arbeitsmarkt, größere Reisefreiheit, Rechtssicherheit und Familienzusammenführung.
Vor allem aus den sechs Hauptherkunftsländern Syrien, Afghanistan, Irak, Eritrea, Somalia und Iran wurden immer mehr Personen eingebürgert oder stellten einen Antrag. Wie die Analyse der Daten zeigt, wurden Syrer am häufigsten eingebürgert. Etwa 88 Prozent der Eingebürgerten behielten zusätzlich ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft.
Asylmigranten nehmen Diskriminierung wahr
Gleichzeitig bröckle die sogenannte Willkommenskultur. 2017 gaben noch 84 Prozent der Befragten an, sich ganz oder überwiegend willkommen zu fühlen, 2020 waren es nur noch 78 Prozent. 2023 sackte der Wert auf 65 Prozent ab. Die Sorge vor Fremdenfeindlichkeit stieg bei den Befragten. Äußerten 2016 und 2017 noch etwa 30 Prozent der Migranten entsprechende Bedenken, lag der Anteil 2023 bei 54 Prozent.

Die Studie dokumentiert zudem eine von den befragten Migranten wahrgenommene Diskriminierung am Wohnungs- und Arbeitsmarkt. Rund ein Drittel gab an, bei der Wohnungssuche diskriminiert worden zu sein – vermeintlich aufgrund ethnischer Herkunft, Religion oder äußerer Merkmale. Bei den befragten Männern wurde die Diskriminierung in Ostdeutschland stärker wahrgenommen als in Westdeutschland.
Deutscher Paß bleibt Ziel fast aller Einwanderer aus Asylherkunftsländern
Trotz der angegebenen Schwierigkeiten ist die Einbürgerungsbereitschaft hoch. Neben den 7,5 Prozent Neubürgern im Jahr 2023 und 25,7 Prozent, die einen Antrag gestellt haben, gaben weitere 65,4 Prozent an, eine Einbürgerung zu beabsichtigen. Lediglich zwei Prozent planen nicht, einen Antrag zu stellen.

Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Frühjahr 2024 wurde vom DIW ambivalent bewertet. Zwar reduziere sie die Mindestaufenthaltsdauer auf fünf Jahre, verschärfe aber zugleich die Anforderungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Migranten. Besonders die Einbürgerungschancen sogenannter vulnerabler Gruppen wie Alleinerziehende oder Geringqualifizierte seien erheblich eingeschränkt, warnten die Studienautoren.
Neubürger fallen aus Asylstatistik
2024 war das bisherige Rekordjahr der Einbürgerungen. Etwa 250.000 Personen erhielten in 13 Bundesländern den deutschen Paß – knapp 50.000 mehr als noch im bisherigen Rekordjahr 2023. Dies geht aus einer Umfrage der Welt am Sonntag hervor. Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein machten demnach keine Angaben zur Gesamtzahl der Einbürgerungen.
Allein von den 2014 bis 2016 eingereisten Asylbewerbern hat mittlerweile jeder Sechste einen deutschen Paß bekommen (JF berichtete). Damit fallen diese auch aus allen Asylstatistiken und tauchen in Kriminalitätsstatistiken als „Deutsche“ auf. Insgesamt kamen im genannten Zeitraum rund 1,1 Millionen Asylsuchende in die Bundesrepublik. Hintergrund ist eine Untersuchung der Süddeutschen Zeitung zum bald anstehenden zehnten Jahrestag der Grenzöffnung.
Seitdem verließ nur etwa jeder Siebte die Bundesrepublik wieder. Weit mehr als 60 Prozent der Asylsuchenden kamen aus Syrien und Afghanistan – die meisten waren jünger als 30 und männlich. Zwar sind rund zwei Drittel der damaligen Asylsuchenden mittlerweile erwerbstätig, doch nur 20 Prozent derjenigen, die heute einen Job haben, arbeiten in Vollzeit. Die meisten verrichten Tätigkeiten für Geringqualifizierte (JF berichtete). (rsz)