BERLIN. Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hat ein Video gelöscht, das in den sozialen Netzwerken für scharfe Kritik gesorgt hatte. Als Begründung nannte die dem Bundesinnenministerium unterstellte Behörde, der Beitrag entspreche nicht den eigenen Qualitätsansprüchen. Auch die anderen Videos aus der Themenreihe seien entfernt worden und sollen nun einer Qualitätsüberprüfung unterzogen werden.
Die bpb behauptete in dem Clip, die WM 2006 sei schuld am Rechtsruck in Deutschland. „Steile These, aber da könnte schon was dran sein“, begann die Moderatorin den rund einminütigen Beitrag, den zahlreiche Nutzer auf der Plattform X geteilt hatten, wo er auch nach wie vor verfügbar ist. Die bpb hatte das Video auf Instagram hochgeladen.
Deutschland sei vor der WM 2006 „vor allem für zwei angefangene Weltkriege und vielleicht noch den Mauerfall“ in der Welt bekannt gewesen. Beim Turnier hätten die Deutschen „wieder Flagge zeigen können, ohne daß es irgendwie nationalistisch wirkte“, fuhr die junge Frau fort. „Weil es halt nur Fußball war.“
Ist doch logisch: Erst wirst du Weltmeister, dann Nazi. Gut, dass es @frag_die_bpb gibt, wir würden morgen sonst alle in die Fahnen-Nazi-Falle tappen.
OT-Frage: Warum trägt der Nazi-Experte im Video ein Pelztier auf dem Kopf? pic.twitter.com/OiVpi5mwRh
— Birgit Kelle (@Birgit_Kelle) July 4, 2024
Bundeszentrale verbindet Sommermärchen mit Pegida
Damals habe es plötzlich alle möglichen Fanartikel in Schwarz-Rot-Gold gegeben und die Fans hätten sich gemeinsam in Deutschlandfarben zum Public Viewing getroffen. Von diesem „Party-Patriotismus“ schlug die Moderatorin die Brücke zur Pegida-Bewegung zehn Jahre später, die der Anfang der Radikalisierung der Rechten in Deutschland gewesen sei.
Bei Pegida seien Menschen durch Dresden gelaufen, ebenfalls mit Deutschlandfahnen. Sie zitierte den Politikwissenschaftler Clemens Heni: „Ohne die WM 2006 wäre das so nicht möglich gewesen.“
Kritik kommt sogar aus den Reihen der bpb
Sowohl auf Instagram als auch auf X äußerten zahlreiche Nutzer scharfe Kritik. „Die WM 2006 schuld am Aufstieg von Pegida, AfD und Co. ist so ungefähr der dümmste Take den ich in diesem Jahr überhaupt gehört habe“, hieß es in einem Kommentar. Ein anderer Nutzer spottete: „Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie mich das Traumtor von Philipp Lahm im Eröffnungsspiel gegen Costa Rica radikalisiert hat!“
Geht es noch, @bpb_de? In jeder Kuratoriumssitzung reden wir über Ausgewogenheit und den „Beutelsbacher Konsens“. Und dann wird eines der großartigsten deutschen Sportereignisse der letzten 20 Jahre an den rechten Rand geschoben!?
Das ist ein Schlag in das Gesicht aller…— Marc Henrichmann (@MarcHenrichmann) July 4, 2024
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marc Henrichmann, Mitglied im Kuratorium der Bundeszentrale, wurde ebenfalls deutlich. „Geht es noch, bpb?“, schrieb er auf X. „In jeder Kuratoriumssitzung reden wir über Ausgewogenheit und den ‚Beutelsbacher Konsens‘. Und dann wird eines der großartigsten deutschen Sportereignisse der letzten 20 Jahre an den rechten Rand geschoben!? Das ist ein Schlag in das Gesicht aller Fußballfans und ein Konjunkturprogramm für Rechtspopulisten!“ Das Kuratorium hat die Aufgabe, die Arbeit der bpb zu kontrollieren und politische Einseitigkeit zu verhindern. (dh)