BERLIN/SCHLÜTTSIEL. Die Politik hat die Reihen im Zuge der unerwarteten Proteste aufgebrachter Bauern in Schlüttsiel (Schleswig-Holstein) geschlossen. Angesichts der Blockade vor dem Fähranleger, die Wirtschaftsminister Robert Habeck zur Rückkehr zur Hallig Hooge zwang, verurteilten Politiker von CDU bis Grüne die „Gewalt“. Verletzte oder Sachschäden sind indes gar nicht zu beklagen.
Von „Aktivisten“ wie bei den Extremisten der „Letzen Generation“ ist auch nicht die Rede. Vielmehr verschärft sich der Ton gegen die verzweifelten Landwirte. Der CDU-Generalsekretär aus NRW, Paul Zimiak, schrieb auf X: „Hier wird eine Grenze überschritten! Regeln des Anstands derart zu verletzen, schadet eigenem Ziel.“ Darüber dürfe man „nicht schweigen“. Der CDU-Mann: „Das geht so nicht!“
Bei allem Verständnis für berechtigten Anliegen: Hier wird eine Grenze überschritten!
Regeln des Anstands derart zu verletzen schadet eigenem Ziel. Wer die Ampel inhaltlich laut kritisiert, darf jetzt nicht schweigen. Das geht so nicht! #Habeck https://t.co/P0XAHjS8uk— Paul Ziemiak (@PaulZiemiak) January 4, 2024
Justizminister Marco Buschmann (FDP) sprach von „Gewalt gegen Menschen oder Sachen“. Dies habe in der politischen Auseinandersetzung „nichts verloren!“ Sein Parteifreund, der Schleswig-Holsteiner Bundestagsabgeordnete Max Mordhorst, meinte, „wer sich wie die Letzte Generation verhält, verdient keine politische Solidarität“.
Baerbock: „Gepöbel und Gewalt“
Die Bundesregierung bezeichnete die Blockade als „beschämend“. Regierungssprecher Steffen Hebestreit schrieb auf X: „Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein.“ Die Blockade der Ankunft Habecks „ist beschämend und verstößt gegen die Regeln des demokratischen Miteinanders“.
Die Blockade der Ankunft von Bundesminister #Habeck heute in einem Fährhafen ist beschämend und verstößt gegen die Regeln des demokratischen Miteinanders. Bei allem Verständnis für eine lebendige Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein.
— Steffen Hebestreit (@RegSprecher) January 4, 2024
Auf derselben Plattform beschwerte sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die Protestierer würden „Worte durch Gepöbel und Argumente durch Gewalt ersetzen“. Damit sei „eine demokratische Grenze überschritten“.
„Drohungen und Gewalt“ der Bauern
Von „Grenzüberschreitungen“ redete auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Es habe „mit legitimem demokratischem Protest und harter politischer Auseinandersetzung nichts mehr zu tun“, wenn ein Minister bei der Rückkehr aus dem Urlaub am Verlassen einer Fähre gehindert werde. Faeser dankte der Polizei für das Einschreiten.
Ähnlich äußerte sich auch der Grünen-Geheimdienstpolitiker Konstantin von Notz: „Der Verrohung des politischen Diskurses folgen Drohungen und Gewalt.“ Der Bauernverband und alle Beteiligten müßten sich „ohne Wenn und Aber“ von diesem „unsäglichen Vorgang distanzieren“, schrieb er auf X.
„Angriff auf Robert Habeck“
Völlig entsetzt zeigte sich die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Britta Haßelmann: „Erschreckend, eine völlige Grenzüberschreitung und ein Angriff auf die Privatsphäre von Robert Habeck“. Sie erwarte vom Bauernverband, „daß er sich in aller Klarheit von solchen Aktionen distanziert“.
Erschreckend, eine völlige Grenzüberschreitung und ein Angriff auf die Privatsphäre von Robert #Habeck ! Das hat nichts mit friedlichem Protest in einer lebendigen Demokratie zu tun. Vom @Bauern_Verband erwarte ich,dass er sich in aller Klarheit von solchen Aktionen distanziert. https://t.co/P0hm6EgVRN
— Britta Haßelmann (@BriHasselmann) January 4, 2024
Der für die Bauern zuständige Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) behauptete, er „messe da immer mit gleichem Maß, ob bei Klimaklebern oder bei den Bauern am Fährhafen“. Auf X schrieb er: „Gewalt und Nötigung sind verachtenswert und schaden auch dem Anliegen.“ (fh)