BRANDENBURG AN DER HAVEL. Bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der NS-Euthanasiemorde in Brandenburg an der Havel ist es am Sonntag wegen der Anwesenheit einer AfD-Stadrätin zu einem Eklat gekommen. „Ich bitte Mitglieder von Parteien und Gruppen, in denen die Verbrechen des Nationalsozialismus als Vogelschiß bezeichnet werden, die Veranstaltung zu verlassen“, empörte sich die Gedenkstätten-Leiterin Sylvia de Pasquale während ihrer Rede.
Zuvor konfrontierte sie die anwesende AfD-Politikerin Lisa-Marie Köster bereits am Eingang und forderte diese auf, den Ort sofort zu verlassen, wie die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) berichtet. Vereinzelt gab es demnach auch Buhrufe gegen die Stadträtin, die extra einen Kranz mitgebracht hatte. Die aggressive Stimmung veranlaßte den Freie-Wähler-Kommunalpolitiker Norbert Langerwisch, die AfD-Politikerin bei der Niederlegung ihres Kranzes zu begleiten. „Sie kam mir eingeschüchtert und etwas hilflos vor“, sagte Langerwisch der Zeitung.
Kurz darauf vergriff sich der Kreisvorsitzende der örtlichen Linkspartei, Daniel Herzog, am AfD-Gebinde und schleppte es weg. Daß die AfD dieses „provokativ“ niederlege, habe die Partei als „heuchlerisch“ und als „Frechheit“ empfunden, teilte die Linkspartei mit.
Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten spricht vom „Fehler“
Der AfD-Fraktionschef im Stadtrat von Brandenburg, Axel Brösicke, verurteilte die Vorkommnisse und forderte den Rücktritt von de Pasquale als Gedenkstättenleiterin. „Eine Gedenkveranstaltung sollte frei von Politik und jeglicher Ideologie sein“, sagte er. Die Angesprochene wies die Forderung zurück. „Wer in dieser Partei ist, kann sich nicht freimachen von deren immer radikaleren Positionen und Aussagen“, teilte sie der MAZ mit.
Der Zeitung zufolge hatte die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten die AfD-Stadtverordnete allerdings ausdrücklich zur Veranstaltung eingeladen. „Dabei handelt es sich um einen schwerwiegenden Fehler in der Einladungspraxis der Gedenkstätte, der derzeit intern aufgearbeitet wird“, sagte ein Sprecher auf Anfrage.
Viele staatlich subventionierte Gedenkstätten für die Opfer der beiden deutschen Diktaturen boykottieren die AfD. Ende Juni gewann der Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner allerdings einen Prozeß gegen die „Gedenkstätte Amthordurchgang Gera“. Diese hatte ihn bereits 2021 aufgrund seiner AfD-Mitgliedschaft ausgeschlossen und sich dabei auf die Möglichkeit in der Satzung berufen, Personen unter anderem aufgrund „rechtsextremer Ansichten“ rauszuwerfen. „Die Mitgliedschaft kann nicht ernsthaft herangezogen werden, einen Konflikt mit dem Satzungszweck des Beklagten zu konstruieren“, urteilte das zuständige Gericht. (kuk)