KÖLN. Das Amtsgericht Köln hat einen Mann freigesprochen, der im Juli 2022 auf Twitter (heute: X) 25 Zitate von Politikern, Künstlern und Journalisten aus der Corona-Zeit veröffentlicht hatte. Die Staatsanwaltschaft warf dem User „MicLiberal“ nach dem neu geschaffenen Strafrechts-Paragraphen 126 die Erstellung von „Feindeslisten“ vor.
Zuvor hatte die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann den Beitrag als „öffentlichen Pranger“ bezeichnet. Alle Aussagen, darunter von Sänger Udo Lindenberg, waren öffentlich getätigt worden, an sie nun aber öffentlich zu erinnern, sollte zu einer Bestrafung führen. Eingeleitet hat „MicLiberal“ die Zitate mit den Sätzen: „Wir haben mitgemacht! Wir haben ausgegrenzt, diffamiert, diskreditiert, beleidigt und Menschen gecancelt. Im Dienste der Wissenschaft!“
Es folgten Aussagen wie die des Journalisten Christian Ortner: „Laßt uns Impfverweigerer mit dem Blasrohr jagen, Waidmanns Heil!“ Oder die Beleidigung von Altbundespräsident Joachim Gauck: „Impfgegner sind Bekloppte.“ Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautete, der Mann habe mit der Zitatesammlung die Sicherheit von deren Urhebern gefährdet.
Anklage gegen Corona-Kritiker sei Täter-Opfer-Umkehr
Die Anwältin des Angeklagten, Jessica Hamed, sagte der Berliner Zeitung: „Heute ist nicht nur ein guter Tag für meinen Mandanten, sondern auch für die Meinungsfreiheit.“ In ihrem Plädoyer hatte die Juristen geäußert, „Altbundespräsident Gauck darf sagen: ‚Impfgegner sind Bekloppte‘, aber mein Mandant darf nicht sagen, daß durch diese Äußerungen andere Menschen beleidigt, diffamiert und ausgegrenzt wurden? Das grenzt an Täter-Opfer-Umkehr und würde den Gesetzeszweck ins Gegenteil verkehren.“
Sie betonte: „Mein Mandant hat lediglich Zitate von fast ausschließlich Personen des öffentlichen Lebens wiedergegeben, die diese zuvor öffentlich – und nicht etwa im privaten Rahmen – geäußert hatten.“ In anderen Verfahren wurden Coronamaßnahmen-Skeptiker wegen ihrer Kritik an Politikern, darunter Markus Söder (CDU), bereits verurteilt. (fh)