Beim Kölner Karneval kommt es zum Eklat. Weil die AfD mitfeiert und dem CDU-Bezirksbürgermeister einen Karnevalsordnen umhängt, beginnt eine Distanzierungsspirale. Die Grünen lösen ihre Zusammenarbeit mit den Christdemokraten auf, die wiederum distanzieren sich von der AfD. Auch das Festkomitee Kölner Karneval und die Bundesregierung machen ihre Position deutlich.
Doch damit endete die Geschichte nicht. Denn der Präsident des Festkomitees, Christoph Kuckelkorn, recherchierte den Hersteller des verliehenen Ordens und kontaktierte ihn, woraufhin sich das schuldige Traditionsunternehmen Zinnhannes aus dem Hunsrück öffentlich entschuldigte.
In der Rechtfertigung ist die Rede von „menschlichem Versagen“. Der Auftrag der AfD sei „erst bei der Sichtprüfung im Druckvorgang“ bemerkt worden. Eine Stornierung seitens des Unternehmens sei somit zu spät gewesen. Mit der Partei, ihren Zielen und ihrem Weltbild wolle man nichts zu tun haben. Die Einnahmen werde man spenden. Doch stimmt diese Erzählung?
Unternehmen pflegte gute Beziehung zur AfD
Die schriftliche Korrespondenz zwischen dem Kölner Bezirksverband Chorweiler und Zinnhannes liegt der JUNGEN FREIHEIT exklusiv vor. Sie zeugt von einem freundlichen Umgangston zwischen dem Auftragnehmer und dem Auftraggeber. Vielmehr war dem Unternehmen bereits im Oktober vergangenen Jahres bewußt, daß der Auftrag von der AfD kam.
Im gedruckten Spruch „Et Hätz am rechte Fleck“ (Das Herz am rechten Fleck) schlich sich ein Tippfehler ein. Die Frau des Zinnhannes-Geschäftsführers entschuldigte sich. Da die Verleihung erst im Januar stattfinde, müsse sich das Unternehmen mit der Auslieferung jedoch nicht stressen, beruhigte die AfD damals: „Ich habe natürlich vollstes Verständnis, ich denke, sowas kann immer jedem passieren.“
Um die fehlerhaft bedruckten Orden umzutauschen, kam der Geschäftsführer von Zinnhannes, Wolf Schneider, Anfang November sogar persönlich zu der Geschäftsstelle der AfD-Chorweiler. Jedoch traf er dort niemanden an, „auch ein Security-Mensch war nicht da“, schrieb seine Frau. Letztlich konnten die fehlerhaften Orden postalisch kostenfrei retourniert werden.
AfD fordert Rücktritt vom Karneval-Chef
Der AfD-Fraktionsgeschäftsführer Matthias Büschges erinnerte sich im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT an ein gutes Arbeitsverhältnis. „Damals ist man mit uns sehr freundlich und professionell umgegangen.“ Er bedauerte, daß Zinnhannes eingeknickt sei: „Der Druck des Festkomitees muß schon extrem gewesen sein und mit erheblichen Drohungen einhergegangen sein, wenn das Unternehmen meint, sich jetzt distanzieren zu müssen. Das ist der eigentliche Skandal!“
Die Schuld liege bei Festkomitee-Chef Kuckelkorn, sagte der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Christer Cremer, der JF. „Das Vorgehen ist autoritär und undemokratisch. Hier kann man schon fast von Mafia-Methoden reden.“ Bereits wegen Kuckelkorns Verhaltens während der Corona-Pandemie hatte Cremer seinen Rücktritt gefordert. „Ich würde es heute wieder tun“, kommentierte er.
Die Kölner AfD freut sich jedoch bereits auf den Karneval im nächsten Jahr. „Die Jecken können versichert sein, daß es auch in der nächsten Session einen Orden unserer Fraktion geben wird“, versprach Büschges.