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„Zensur“: Bundesnetzagentur erhält Gegenwind für „Trusted Flagger“-Regelung

„Zensur“: Bundesnetzagentur erhält Gegenwind für „Trusted Flagger“-Regelung

„Zensur“: Bundesnetzagentur erhält Gegenwind für „Trusted Flagger“-Regelung

Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur: Er will gegen Internetpostings mit einer „negativen Wirkung auf den zivilen Diskurs“ vorgehen
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur: Er will gegen Internetpostings mit einer „negativen Wirkung auf den zivilen Diskurs“ vorgehen
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur: Er will gegen Internetpostings mit einer „negativen Wirkung auf den zivilen Diskurs“ vorgehen Foto: picture alliance/dpa | Horst Galuschka
„Zensur“
 

Bundesnetzagentur erhält Gegenwind für „Trusted Flagger“-Regelung

Staatlich ausgewählte Meldestellen sollen helfen, Haßpostings im Netz aufzuspüren und schneller zu löschen. Juristen fürchten gewaltige Eingriffe in die Meinungsfreiheit und ein „autoritäres Vorgehen“.
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BERLIN.  Der Verfassungsrechtler Josef Franz Lindner hat den Leitfaden der Bundesnetzagentur für Meldestellen scharf kritisiert. „Wenn man später einmal den Niedergang der Meinungsfreiheit in Deutschland und den Einstieg in den Zensurstaat rekonstruieren will, wird dem ‘Leitfaden’ zu den Trusted Flaggers die Rolle eines Schlüsseldokuments zukommen“, mahnte er auf X.

Hintergrund ist ein Beschluß der Behörde in Hamburg mit Blick auf den sogenannten Digital Service Act. Bei der EU-Verordnung über die digitalen Dienste geht es darum, gegen illegale Inhalte wie „Haß oder Fake News“ im Internet vorzugehen. Dafür holt sich die Bundesnetzagentur nun Hilfe von staatlich ausgewählten Meldestellen, die sie als „vertrauenswürdige Hinweisgeber“ beziehungsweise „Trusted Flaggers“ bezeichnet. Sie sollen Postings prüfen und bei vermuteten Verstößen an die zuständigen Plattformen melden, die diese Meldungen dann bevorzugt behandeln müssen.

Die Meldestelle „REspect!“ der Stiftung zur Förderung der Jugend in Baden-Württemberg ist der erste von der Bundesnetzagentur ernannte „Trusted Flagger“. In dem Leitfaden ist konkret aufgezählt, was als Verstoß gilt. Allerdings ist bei jeder Kategorie wie Verletzungen des Urheberrechts oder unerlaubter Rede die Anmerkung „Andere“. Das läßt den Meldestellen also Spielraum für ihr eigenes Ermessen.

Lindner: Bundesnetzagentur plant „staatliches Zensursystem“

Lindner sieht das Vorgehen als fatale Fehlentscheidung. Die Meldestellen seien in der Regel „fachlich nicht in der Lage, die Strafbarkeit einer Meinung zu beurteilen“. Es gehe um Auslegung, Kontext und Abwägung. Selbst Gerichte würden vom Bundesverfassungsgericht immer wieder gerügt, weil sie der Meinungsfreiheit nicht genug Gewicht einräumten, gab der Augsburger Rechtswissenschaftler zu bedenken.

Besondere Gefahr liege in einer möglichen „autoritären Umsetzung“ durch den Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller, der Grünen-Parteimitglied ist. Zudem sei die Zahl der Meldestellen nicht begrenzt. Müller könne Deutschland somit mit einem „dichten Netz an Meldestellen überziehen“.

In der Mitteilung der Bundesnetzagentur sei die Rede davon, eine „negative Wirkung auf den zivilen Diskurs“ verhindern zu wollen. „Das ist kraß rechtswidrig und der Einstieg in ein staatliches Zensursystem“, empörte sich Lindner.

Diese Befürchtung teilt auch der Presserechtler Carsten Brennecke. Hinzu komme die Gefahr, daß die Bundesregierung solche „Flagger installiere“, die den Fokus auf Äußerungen richten, die sich gegen die Ampelkoalition äußern, bemängelte er auf X. Die Meinungsfreiheit sei deshalb akut bedroht.

Steinhöfel: Vorgehen ist rechtsstaatliche Perversion

Der Medienanwalt Joachim Steinhöfel hatte das Vorgehen der Bundesnetzagentur gegenüber dem Nachrichtenportal Nius als „rechtsstaatliche und verfassungsrechtliche Perversion“ bezeichnet. „Für Straftaten sind Polizei und Staatsanwaltschaften zuständig, beide notorisch unterfinanziert. Statt das Geld in rechtsstaatliche Institutionen zu investieren, landet es bei fragwürdigen staatlichen Vorfeldorganisationen“, kritisierte er.

Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Kubicki zeigte sich zuletzt höchst alarmiert. Der „Kampf der Meinungen ist das Lebenselement der freiheitlich-demokratischen Staatsordnung“. EU-Verordnungen hingegen seien keine göttlichen Eingebungen und nicht sakrosankt, unterstrich er im Cicero. (zit)

Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur: Er will gegen Internetpostings mit einer „negativen Wirkung auf den zivilen Diskurs“ vorgehen Foto: picture alliance/dpa | Horst Galuschka
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