BERLIN. Vor der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Bundestag haben die Alternative für Deutschland (AfD) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) demonstrativ den Plenarsaal verlassen. „Wir lehnen es ab, einen Redner im Tarnanzug anzuhören“, begründeten die beiden AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla die Aktion am Dienstag in einem Pressestatement.
AfD-Fraktion lehnt Rede von Selenskyj im Bundestag ab
Heute redet Wolodymyr Selenskyj, dessen Amtszeit als Präsident der Ukraine am 21. Mai geendet ist, vor dem Deutschen Bundestag. Er fordert Waffen und Milliarden für den Wiederaufbau. Dazu erklären @Alice_Weidel und… pic.twitter.com/tgVWYL7A4q
— AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag 🇩🇪 (@AfDimBundestag) June 11, 2024
Selenskyjs Amtszeit sei abgelaufen und er nur noch als „Kriegs- und Bettelpräsident“ im Amt. „Die Ukraine braucht jetzt aber keinen Kriegspräsidenten, sie braucht einen verhandlungsbereiten Friedenspräsidenten.“ Nur so höre das Sterben in der Ukraine auf.
Vier AfD-Abgeordnete verweigern der Fraktion die Gefolgschaft
Der Fraktionsvorstand habe am Montag beschlossen, der Rede des ukrainischen Präsidenten fernzubleiben. Die Bundesregierung solle diesem keine Bühne für „Wiederaufbaubettelei“ geben. Deutschland zahle schon jetzt „mehr als genug“ für Militärhilfe, EU-Hilfe und Bürgergeld für Ukrainer. Nun solle auch noch deutsches Steuergeld „für Blackrock und andere Investoren“ verschleudert werden.
„Genug ist genug. Die Bundesregierung muß sich mit Diplomatie für Frieden in der Ukraine einsetzen“, forderten Weidel und Chrupalla in ihrer Stellungnahme. Einzig die AfD-Abgeordneten Norbert Kleinwächter, Albrecht Glaser, Joachim Wundrak und Rainer Kraft blieben entgegen dem Fraktionsbeschluß während der Rede auf ihren Plätzen sitzen.
BSW: Selenskyj befördert „hochgefährliche Eskalationsspirale“
Das BSW veröffentlichte unterdessen eine Stellungnahme, in der davon die Rede war, die Regierung Selenskyj setze derzeit auf eine „offene Eskalation des Krieges“ unter Beteiligung der Nato. „Präsident Selenskyj trägt leider aktuell dazu bei, eine hochgefährliche Eskalationsspirale zu befördern und nimmt dabei das Risiko eines atomaren Konflikts mit verheerenden Konsequenzen für ganz Europa in Kauf.“
#Selenskyj trägt leider aktuell dazu bei, eine hochgefährliche Eskalationsspirale zu befördern und nimmt dabei das Risiko eines atomaren Konflikts in Kauf. Warum die Gruppe #BSW dem Auftritt des ukrainischen Präsidenten im Bundestag heute fernbleibt: https://t.co/TCzukrP5dT pic.twitter.com/DdEGOhTk7J
— Sahra Wagenknecht (@SWagenknecht) June 11, 2024
Aus diesem Grund solle der ukrainische Präsident nicht mit einer Sonderveranstaltung im Bundestag geehrt werden. „Das können wir als BSW nicht unterstützen.“ Vielmehr solle die Bundesregierung ihren Einfluß auf die Ukraine geltend machen, um Friedensgespräche mit Rußland zu erwirken.
Friedrich Merz (CDU): „Bin einigermaßen entsetzt“
In einer ersten Reaktion verurteilte CDU-Parteichef Friedrich Merz die Aktion von AfD und BSW. „Daß man als Abgeordneter im Deutschen Bundestag den Staatspräsidenten dieses vom Krieg bedrohten Landes den Respekt versagt, ist ein wirklicher Tiefpunkt in der Kultur unseres Parlamentes“, unterstrich er kurz nach der Veranstaltung.
Der Schritt sei in „höchstem Maße befremdlich“. Während der Kreml sich unwillig zeige, über Frieden in der Ukraine zu verhandeln, werde von BSW und AfD immer noch das Gegenteil behauptet. (fw)