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„Für Christen unwählbar“: AfD-Mitglieder und die Kirchen: Verlorene Söhne?

„Für Christen unwählbar“: AfD-Mitglieder und die Kirchen: Verlorene Söhne?

„Für Christen unwählbar“: AfD-Mitglieder und die Kirchen: Verlorene Söhne?

Auf dem Foto befindet sich ein Banner der AfD vor Freiburger Münster. (Themenbild/Symbolbild)
Auf dem Foto befindet sich ein Banner der AfD vor Freiburger Münster. (Themenbild/Symbolbild)
Banner der AfD vor Freiburger Münster: „Mit christlichem Menschenbild unvereinbar.“ Foto: picture alliance / Rolf Haid
„Für Christen unwählbar“
 

AfD-Mitglieder und die Kirchen: Verlorene Söhne?

Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Rechter ins Kirchenamt: Während deutsche Amtskirchen bei anderen unchristlichen Inhalten nur kleinlaut intervenieren, ziehen sie bei Migrationskritik und AfD-Verbindungen eine rote Linie.
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Cato, Palmer, Exklusiv

Jüngst hat die Deutsche Bischofskonferenz vor der Wahl der AfD gewarnt und gefordert, „die politischen Angebote von Rechtsaußen abzulehnen und zurückzuweisen“. Auch die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, schloß sich dem an. Rechtsextremisten stellten die „Grundwerte unseres Zusammenlebens“ in Frage, betonte die Theologin. Wenn sich Mitarbeiter und Ehrenamtliche in den beiden großen Glaubensgemeinschaften für die AfD engagieren, offen ihre Sympathien für die Partei erkennen lassen oder auch sonst nur ansatzweise als „rechts“ gelten, werden sie nicht erst seit neuestem – wie Pfarrer Martin Michaelis – von den Kirchen unter Druck gesetzt. Die JUNGE FREIHEIT dokumentiert einige Fälle.

Es begann mit dem AfD-Einzug in den Bundestag

Oktober 2017: Maria Arlt arbeitet sieben Jahre im Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree als Sekretärin des Superintendenten. Sie engagiert sich in der Flüchtlingshilfe. „Dann bin ich 2014 in die AfD eingetreten. Irgendwann las ich einen Artikel in der Kirchenzeitung“, schilderte sie gegenüber der JUNGEN FREIHEIT in einem Interview im Jahr 2020 ihre Erlebnisse mit ihrem Arbeitgeber. „Da wurde die Frage gestellt, ob man als Christ AfD wählen könne. Ich dachte mir, da darf ich nicht schweigen und schrieb einen Brief an die Redakteurin, der später mit meiner Zustimmung als Leserbrief veröffentlicht wurde. Zuvor hatte ich natürlich den Superintendenten informiert. Ich war erstaunt, daß ich von Lesern daraufhin Fanpost ins Büro bekam.“

Als dann in Marzahn-Hellersdorf die Wahl der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) anstand, baten Parteikollegen Arlt, zu kandidieren. Sie wurde als Mitglied der zweitstärksten Fraktion zur Schriftführerin in den BVV-Vorstand gewählt. „Der Kreiskirchenrat lud mich zum Personalgespräch vor. Da saßen zwei Theologen, der Präses der Kreissynode und eine ältere Dame aus dem Kreiskirchenrat. Ich hätte mir einen Beistand von der Mitarbeitervertretung nehmen können. Das wollte ich nicht. Die fragten mich, wie ich als Christ in einer Partei sein könnte, die für die Wiedereinführung der Wehrpflicht sei? Die wollten von mir den Parteiaustritt. Mein Chef sagte zu mir, treten Sie doch in die SPD ein.“ Arlt trat aus der Kirche aus.

Ein BdK-Auftritt sorgt für Bischofssturz

September 2018: Das Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags beschließt für kommende Veranstaltungen, Vertreter der AfD nicht zur Mitwirkung auf Podien und zu Diskussionsveranstaltungen einzuladen. 

28. September 2018: Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, kommentiert den Beschluß: „Ich unterstütze das ausdrücklich.“ In der Deckung der AfD würden rechtsradikale Thesen vertreten. Einer solchen Partei ein öffentliches Forum zu geben, sei unangemessen.

31. Oktober 2019: Rücktritt von Carsten Uwe Rentzing, seit 2015 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen. Ein anonymer Internet-Autor schreibt im Juni 2019 in Rentzings Wikipedia-Eintrag, daß er Mitglied der schlagenden Studentenverbindung „Alte Prager Landsmannschaft Hercynia“ sei. Einige Monate später verlangen drei Leipziger Pfarrer in einer Petition, daß er sich von allen „nationalen, antidemokratischen und menschenfeindlichen Ideologien“ und der Bibliothek des Konservativismus distanziere, dort war er einmal 2013 aufgetreten. Rentzings Texte, die er als Student verfaßt hatte, so schreibt „evangelisch.de“, wurden vom sächsischen Landeskirchenamt als „elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich“ sowie als „aus damaliger und aus heutiger Sicht unvertretbar“ eingestuft.

Rentzing distanziert sich. Seit dem 1. November 2020 ist er Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) zur Stärkung der Kontakte zu den lutherischen Kirchen in Mittel- und Osteuropa.

Oktober 2023: Die evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen geben eine sogenannte „Handreichung“ für die Kandidatensuche zu den Kirchenvorstandswahlen im März 2024 heraus. Die AfD wird zwar nicht konkret benannt, es solle aber niemand zugelassen werden, der „extremistische Positionen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ vertrete.

„Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Menschenbild unvereinbar“

22. Februar 2024: „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ lautet der Titel der gemeinsamen Erklärung aller katholischen Bischöfe. Darin warnen sie vor Rechtsextremismus und der AfD. Wörtlich heißt es: „Nach mehreren Radikalisierungsschüben dominiert inzwischen vor allem in der Partei ‘Alternative für Deutschland’ (AfD) eine völkisch-nationalistische Gesinnung.“ Die AfD changiere zwischen einem echten Rechtsextremismus, den der Verfassungsschutz einigen Landesverbänden und der Jugendorganisation der Partei attestiere, und einem Rechtspopulismus, der weniger radikal und grundsätzlich daherkomme.

„Wir sagen mit aller Klarheit: Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar. Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar.“ 

6. März 2024: Das Bistum Trier prüft laut Saarländischem Rundfunk den Ausschluß des AfD-Landtagsabgeordneten Christoph Schaufert von seinem Amt als Mitglied im Verwaltungsrat der Pfarrei St. Marien in Neunkirchen (Saar). Pfarrgemeinderat und Verwaltungsrat hätten den Ausschluß beantragt, und Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg habe daraufhin die Prüfung beauftragt, sagte eine Bistumssprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Prüfung wird aufgrund der Erklärung der Bischöfe durchgeführt. 

27. März 2024: Eine katholische Kirchengemeinde in Weil am Rhein hat die Zusammenarbeit mit einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin beendet, weil sie für die AfD kandidiert. Die Kandidatur sei unvereinbar mit christlichen Werten, so die Gemeinde. Ihr Pfarrer, Gerd Möller, begründete dieses Vorgehen gegenüber dem SWR ausdrücklich mit der Erklärung der katholischen Bischöfe. Die Frau hatte ehrenamtlich in zwei katholischen Kindergärten Kleinkindern die Ostergeschichte vorgelesen. 

JF 15/24

Banner der AfD vor Freiburger Münster: „Mit christlichem Menschenbild unvereinbar.“ Foto: picture alliance / Rolf Haid
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