BERLIN. Auch im ersten Quartal des Jahres 2023 haben ARD und ZDF die AfD systematisch aus ihren Talkshows ausgeschlossen. Während die anderen im Bundestag vertretenen Parteien von Januar bis März insgesamt 137 Auftritte bei Markus Lanz, Sandra Maischberger und Co. verbuchen konnten, wurde die AfD nicht ein einziges Mal eingeladen.
„Dieser gezielte und fortgesetzte Boykott der zweitstärksten Oppositionspartei in Deutschland durch die zur politischen Neutralität und Ausgewogenheit verpflichteten öffentlich-rechtlichen Sender ist ungeheuerlich“, empörte sich AfD-Chefin Alice Weidel im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT. Eine Partei, die fest in allen deutschen Parlamenten verankert sei und in Umfragen zudem bei fast 16 Prozent liege, derart auszugrenzen, sei ein „manipulativer Eingriff in die politische Meinungsbildung der Zuschauer“.
Ein eklatantes Beispiel ist laut der AfD-Frontfrau die ARD-Sendung „Hart aber fair“. Seitdem der mit der „Fridays For Future“-Ikone Luisa Neubauer liierte Louis Klamroth die Moderation der Talkrunde übernommen habe, sei noch kein einziger AfD-Politiker eingeladen worden, aber jede zweite Folge ein Vertreter der Linken – „eine Partei, die nicht einmal mit halb so vielen Abgeordneten im Bundestag vertreten ist wie die Alternative für Deutschland und die in den Umfragen mit der Fünf-Prozent-Hürde kämpft“, wie Weidel betonte.
Weidel will ÖRR aus dem „Klammergriff der Parteien“ lösen
Diese Ungleichbehandlung der AfD sei sowohl ein Angriff auf die „Chancengleichheit im parteipolitischen Wettbewerb“, als auch auf die „demokratische Kultur“ im Land, unterstrich Weidel. Den Verantwortlichen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk fehle dafür aber anscheinend das Problembewußtsein.
Weidel bekräftige ihre Forderung nach einer Reform von ARD und ZDF. „Das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem muß endlich wieder auf seine Kernaufgabe, die Grundversorgung mit Informationen und Nachrichten reduziert und aus dem Klammergriff der Parteien befreit werden.“ Zu einer grundlegenden Reform gehöre auch, den Zwangsbeitrag durch ein Bezahlsystem auf freiwilliger Basis zu ersetzen, mahnte Weidel.
Maybritt Illner findet Debatten mit AfD „unproduktiv“
Doch wie rechtfertigen die Öffentlich-Rechtlichen ihre Boykott-Politik? In der Vergangenheit hatten die Sender ihren AfD-Boykott damit begründet, daß sie keine „Ersatz-Parlamente“ seien. Eingeladen werde „themenbezogen“ und nach „rein journalistischen Kriterien“. „Dabei werden Mitglieder verschiedener Parteien weder per se bevorzugt noch benachteiligt“, teilte die ARD der JUNGEN FREIHEIT damals auf Nachfrage mit. Das ZDF argumentierte wiederum, es sei nicht immer möglich, „alle denkbaren Positionen in einer Sendung abzubilden“.
Die Fernsehmoderatorin Maybrit Illner mahnte zudem, die AfD einzuladen führe in der Sendung zu „unproduktiven Debatten“. „Wir sind mit unserer Sendung immer auf der Suche nach der besten Lösung für ein Problem. Da ist die Position ‘Es gibt das Problem gar nicht!’ eher nicht hilfreich. Aber wir werden die AfD wieder einladen, wenn es Sinn macht“, versprach Illner.
JF-Recherche zeigt: Grüne und FDP besonders stark überrepräsentiert
Von der JUNGEN FREIHEIT ausgewertetes Datenmaterial zeigt allerdings, daß die übrigen im Bundestag vertretenen Parteien teils wesentlich häufiger in den Sendungen „Markus Lanz“, „Maybrit Illner“, „Maischberger“ und „Anne Will“ zu Gast waren, als man aus ihren Wahlergebnissen hätte schließen können.
Dies trifft besonders für die Grünen zu. Während sie seit Anfang 2023 mit 29 Auftritten 21 Prozent der eingeladenen Politiker stellten, erhielten sie zur Bundestagswahl 2021 nur 14,8 Prozent der Wählerstimmen. Mit sieben Fernsehauftritten war die Grünen-Chefin Ricarda Lang neben SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert einer der häufigsten TV-Gäste.
Linke ergattert fast doppelt so viele Auftritte bei wie Wählerstimmen
Ähnlich überrepräsentiert war auch die FDP. Mit ihren 20 Auftritten hatte sie Anteil an etwa 14,6 Prozent der Gesamtsendungen. Bei der vergangenen Bundestagswahl erhielt sie 11,5 Prozent. Am schwächsten fiel der Repräsentationsüberschuß bei der SPD aus. Die Partei war in 27,7 Prozent der Talkshows des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vertreten und kam bei der vergangenen Bundestagswahl auf 25,7 Prozent.
Bezogen auf die erzielte Wählergunst am stärksten überrepräsentiert war jedoch die Linkspartei. Mit 9,4 Prozent der Gesamtfernsehauftritte erhielt sie fast doppelt so viel TV-Präsenz, wie ihr Wahlergebnis von rund 4,9 Prozent erwarten ließe.
Seit der Bundestagswahl 2021 nur zwei AfD-TV-Gäste
Insgesamt waren Rot-Rot-Grün mit rund 58 Prozent der Talkshowauftritte wesentlich häufiger im Fernsehen zu Gast als Union, FDP und AfD (etwa 42 Prozent).
Seit der Bundestagswahl im September 2021 wurden nur zwei AfD-Politiker in Talkrunden des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingeladen, nämlich Tino Chrupalla zu „Markus Lanz“ im ZDF und Alice Weidel zu „Maischberger“ im Ersten. (fw)
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