HAMBURG. Für einen Verbleib Deutschlands in der Nato hat sich der Ehrenvorsitzende der AfD, Alexander Gauland, ausgesprochen. In einer außenpolitischen Grundsatzrede, die der ehemalige Partei- und Bundestagsfraktionschef am gestrigen Donnerstag in Hamburg hielt, erteilte er allen Forderungen aus den eigenen Reihen, das nordatlantische Bündnis zu verlassen, eine klare Absage: „Deutschland ist zu groß, um sich verstecken zu dürfen und militärisch zu klein und zu schwach, sich allein verteidigen zu können“, betonte Gauland.
Wer die Nato am liebsten verlassen wolle, „um nicht in den geopolitischen Konflikt zwischen den USA und Rußland oder China hineingezogen zu werden“, betreibe eine „Wünsch-dir-was-Politik an den Realitäten vorbei“, so das Verdikt des 82jährigen Mitgründers der AfD. Forderungen nach einem Austritt aus dem Militärbündnis, verbunden mit einer stärkeren Hinwendung Richtung Moskau, waren im Sommer vor dem Europa-Parteitag in Magdeburg wieder laut geworden. Auch aus Rücksicht auf die Stimmungslage beim Großteil der Deutschen hatte die AfD-Spitze einen entsprechenden Antrag entschärfen lassen.
Scharfe Kritik an Annalena Baerbock
Für Gauland steht fest: „Ein Verlassen der Nato würde sofort ängstliche Reaktionen unserer Nachbarn auslösen und das Gerede vom deutschen Sonderweg wieder anfeuern.“ Wir seien „zwar formal von Freunden umgeben“, Deutschland sollte „diese Freundschaft jedoch am besten nicht zu sehr belasten, da Staaten durch gemeinsame Interessen verbunden sind und Freundschaften diesen Interessen folgen“. Nur innerhalb des Bündnisses, so seine Schlußfolgerung, „können wir auf Entwicklungen Einfluß nehmen und auch mal nein sagen“.
Heftige Kritik übte Gauland an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Sie betreibe „Dogmatik als Politik“ und entsprechend seien die Ergebnisse. Bezogen auf den Krieg zwischen Rußland und der Ukraine meinte der Bundestagsabgeordnete, es wäre Aufgabe „unserer Diplomatie, Tag und Nacht nach Lösungen zu suchen, ohne auf Gut und Böse zu schauen“. Dies sei entgegen „dem Gerede unserer Außenministerin nicht unser Krieg und seine Fortsetzung nicht in deutschem Interesse“, meinte Gauland, der im Auswärtigen Ausschuß des Bundestags sitzt.
Gauland: Westliche Werte nicht universell
Der aktuell wieder blutig aufflammende Nahostkonflikt ist seiner Meinung nach „von uns kaum zu beeinflussen“. Dennoch hätten die Deutschen eine besondere Verpflichtung gegenüber dem Staat Israel, „dessen Gründung uns auch an das dunkelste Kapitel unserer eigenen Geschichte gemahnt“. Zudem betonte Gauland mit Blick auf den Terror der Hamas: „Wer Frauen schändet, Kinder zerstückelt und Männer enthauptet, hat jedes Recht auf Schonung und Rücksichtnahme verwirkt.“
Außenpolitik funktioniere aber nicht „gemäß irgendwelcher Gerechtigkeitsvorstellungen“, stellte der AfD-Ehrenvorsitzende klar: „Wir leben in einer multipolaren Welt und diese Ordnung ist keine der universalen Werte und Normen, wie das die Erwartung nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes war.“ Westliche Werte seien zwar nicht obsolet geworden, jedoch „nur für uns in den Binnenbeziehungen des Westens relevant und nicht das konstitutive Prinzip einer Weltordnung“.
Verweis auf Otto von Bismarck
Möge man Einflußsphären für undemokratisch und falsch halten, es werde sie aber immer geben, solange die großen Mächte die Weltpolitik prägten. Die Welt sei „nicht unterteilt in autoritäre und demokratische Staaten“, sondern wie zu Zeiten Otto von Bismarcks durch Interessengegensätze. Diese verliefen indes „nicht immer entlang ideologischer Linien, wie sie ein grünes Hirn gern zieht“, bemerkte er mit Seitenhieb auf Baerbock.
„Unbismarckisch“, so resümierte Gauland in seiner Rede, sei indes nicht nur die derzeitige deutsche Außenpolitik, sondern auch die Forderung, Deutschland solle aus der Nato austreten. (vo)