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Europapolitik im Fokus: AfD-Parteitag: „Einig, einig, einig“

Europapolitik im Fokus: AfD-Parteitag: „Einig, einig, einig“

Europapolitik im Fokus: AfD-Parteitag: „Einig, einig, einig“

Maximilian Krah steht neben Tino Chrupalla beim 14. AfD-Parteitag in Magdeburg.
Maximilian Krah steht neben Tino Chrupalla beim 14. AfD-Parteitag in Magdeburg.
14. Bundesparteitag der Alternative für Deutschland am 28.07.2023 in der Messe Magdeburg. Maximilian Krah (AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl) und Tino Chrupalla (Bundessprecher AfD). Foto: picture alliance/dpa/Revierfoto | Revierfoto
Europapolitik im Fokus
 

AfD-Parteitag: „Einig, einig, einig“

In Magdeburg hat der 14. AfD-Parteitag begonnen. Während der erste Verhandlungstag eher unspektakulär verläuft, wird die morgen beginnenden Listenaufstellung mit Spannung erwartet. Kommt es zu Überraschungen, gar zum Favoritensturz?
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Diese Spitze gegen seinen ehemaligen, vor über einem Jahr aus der AfD ausgetretenen Co-Vorsitzenden konnte sich Tino Chrupalla im Rechenschaftsbericht dann doch nicht verkneifen: „Mit Jörg Meuthen an der Spitze wären wir einstellig.“ Dem düsteren Hätte-wäre-wenn setzt der AfD-Chef die realen Umfragewerte entgegen und ruft bei seiner Eröffnungsrede zum Parteitag in Magdeburg unter großem Jubel der Delegierten in den Saal: „Wir sind die stärkste Partei Deutschlands!“

Für Chrupalla sind dafür keineswegs nur die verheerenden Fehler der Ampel-Koalition verantwortlich. Noch nie habe er so eine gute Zusammenarbeit im Bundesvorstand erlebt, das habe ganz wesentlich zum Erfolg beigetragen. „Harmonie und Einigkeit“ seien die hervorstechenden Merkmale – und das strahle auf die gesamte Partei aus.

Der Vorsitzende des gastgebenden Landesverbands, Martin Reichardt, sekundiert in seinem Grußwort, indem er eine ältere und etwas abfällige Bemerkung aus dem Munde Alexander Gaulands aufgreift: „Die AfD hat den Status des gärigen Haufens abgelegt!“ Seit dem Parteitag in Riesa im vergangenen Jahr, auf dem der derzeitige Bundesvorstand gewählt wurde, sei die Partei gereift. „Wir sind einig, einig, einig“, so Reichardt überschwänglich.

„Unser Kurs ist richtig“

Und auch Chrupalla stellt fest: Die AfD sei mit zehn Jahren erwachsen geworden „Wir sind eine neue gesamtdeutsche, aber keine junge Partei mehr“. Und in der Tat herrscht an diesem Freitag im Unterscheid zu vielen Vorläufer-Parteitagen eine eher gelöste Stimmung. Die Verhandlungen am Freitag waren der Auftakt zu einem Wahl-Wochenende: Denn die Partei stellt ab dem morgigen Samstag ihre Kandidaten für das Europaparlament zusammen.

Doch bevor der Konkurrenzkampf losgeht, stimmt Chrupalla die Seinen mit aufbauenden Worten ein: „Unser Kurs ist richtig und unser Personal ist es auch“, betont er. Intern streiten und diskutieren, nach außen einig auftreten, das sei die richtige Alternative zu den öffentlichen Selbstzerfleischungen früherer Tage. Auch hat er sich nicht durch Unkenrufer beirren lassen.

Dennoch sei auch Demut angebracht, betont der Vorsitzende, Umfragen seien keine Wahlergebnisse, niemand dürfe sich jetzt auf positiven Zahlen ausruhen. Wichtige Wahlen stünden im Herbst in Bayern und Hessen an, im nächsten Jahr könne die AfD in Thüringen und Sachsen stärkste Kraft werden – und die Regierung stellen.

„Selbst Friedrich Merz will ja jetzt Parteichef der Alternative für Deutschland sein“, spottet Chrupalla. Doch solange er an der Brandmauer festhalte und so Koalitionsoptionen ausschließe, bleibe Merz ein Gefangener der grünen Ideologie. Daher betont Chrupalla: „Wir sind das Original!“ Er rufe „alle Patrioten in der CDU auf: Reißt diese schwarz grüne Brandmauer ein!“

„Kein Anhängsel des Westens“

Vor Selbstbewußtsein strotzend meint Chrupalla: „Wir koalieren mit jedem, der es gut mit unserem Land meint!“ Das schließe natürlich Koalitionen mit den Grünen aus, so der AfD-Vorsitzende, der sich im Anschluß dann inhaltlich an ihnen abarbeitete. Die Grünen seien die gefährlichste Partei Deutschlands, was sowohl in der Wirtschafts- wie in der Außenpolitik fatale Folgen habe. Als Beispiele nennt er die Deindustrialisierung oder die drohende Konfrontation mit China.

Während die Grünen anderen Ländern erklären wollten, wie sie zu leben hätten, stehe die AfD für eine Politik, die sich allein an den Interessen Deutschlands orientiere. „Wir wollen freien Handel mit aller Welt“ und schließt dabei auch Rußland ausdrücklich mit ein. Der AfD-Chef spart in diesem Zusammenhang nicht mit Kritik an der Rolle der Vereinigten Staaten, die „einen Keil in unseren Kontinent“ trieben. „Respekt und Frieden statt Einmischung und Krieg“, faßt der Vorsitzende die Position seiner Partei zusammen. Ausdrücklich fordert Chrupalla, Europa dürfe nicht länger „ein Anhängsel des Westens bleiben“.

Mit Blick auf die am morgigen Samstag beginnende Aufstellungsversammlung für die Wahlliste zur Europawahl fordert Chrupalla einen internen Generationenwechsel in Brüssel. Mit Kritik sparte er dabei auch nicht die derzeitige Delegation seiner Partei aus. Die sei zu lange in der „Meuthen-Ära verfangen“ verfangen geblieben und habe wertvolle Zeit verschenkt.

Dabei sei es entscheidend, daß die hierzulande immer wichtiger gewordene AfD auch auf europäischer Ebene gut vertreten werde, denn in Brüssel „läuft das Weltgeschehen wie unter einem Brennglas ab“. Dort müsse man für „Freiheit, Souveränität und Frieden“ kämpfen, schließt Chrupalla seine Eröffnungsrede ab.

Mehrheit auf dem AfD-Parteitag für Beitritt zu EU-Partei

Die relevanteste inhaltliche Frage, die von den Delegierten am Freitag zu entscheiden haben, ist die nach einer Mitgliedschaft der AfD in der ID-Partei. Deren Fraktion gehören die Europa-Abgeordneten längst an, nun ist die Frage, ob man sich mit FPÖ, Rassemblement National, Lega und Vlaams Belang auch auf Parteiebene zusammenschließt.

Gemeinsam mit den europäischen Verbündeten gegen einen EU-Superstaat zu kämpfen, sei erfolgversprechender. Es gebe zusätzliche Mittel; die AfD bleibe selbstverständlich unabhängig und werde kein „deutscher Landesverband“ einer Partei mit Zentrale in Paris, lautet das Argument der Befürworter. Sogar vor einem drohenden Parteiverbotsverfahren in Deutschland könne eine solche Mitgliedschaft schützen, denn schließlich seien einige der europäischen Parteifreunde bereits in ihren Ländern an der Regierung beteiligt.

Den Gegnern geht es um die „Glaubwürdigkeit als Dexit-Partei“ und den Charakter als „deutsche Partei“. Das dürfe man nicht dem „schnöden Mammon“ opfern. Relativ schnell wollten die Delegierten die Debatte beenden und stimmten mit einer deutlichen Mehrheit für den ID-Beitritt. Ein klarer Erfolg für den Bundesvorstand, namentlich die Co-Vorsitzende Alice Weidel, die zu den vehementen Befürwortern zählt und während der Debatte zum ersten Mal das Wort beim Parteitag ergriff.

„Wir sind genauso ahnungslos“

Am Abend steht für die Delegierten noch die Feier zum zehnjährigen Jubiläum der AfD auf dem Programm. Doch nebenbei werden – wie schon am Rande der Verhandlungen – in Kleingruppen die Funktionäre ihre Köpfe zusammenstecken und mit Blick auf die morgige Wahlversammlung über Kandidaten und Listenplätze feilschen.

Denn, so wurde trotz aller Einigkeit und Harmonie geraunt, da seien manche vermeintlich schon stehenden Mehrheiten doch wieder offen. Dem als Favorit für Platz 1 gehandelten Maximilian Krah könnten mehr Nein-Stimmen drohen als es sich für eine Favoritenrolle gehört. Und die Möglichkeit, daß doch noch eine Gegenkandidat – oder eine Gegenkandidatin aus dem Hut gezaubert wird, sei nicht ausgeschlossen. Zudem sei nach wie vor insbesondere der große Landesverband Nordrhein-Westfalen uneins.

Andere Parteimitglieder wiederum mutmaßen, daß sich die Idee eine Länder-Proporzes mittlerweile zerschlagen habe. Doch selbst viele Spitzen-Politiker der AfD antworten, um eine Prognose  für das Wahl-Wochenende gebeten, entwaffnend ehrlich mit: „Wir sind genauso ahnungslos.“

14. Bundesparteitag der Alternative für Deutschland am 28.07.2023 in der Messe Magdeburg. Maximilian Krah (AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl) und Tino Chrupalla (Bundessprecher AfD). Foto: picture alliance/dpa/Revierfoto | Revierfoto
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