HAMBURG. Wegen gewerbsmäßiger Untreue in 121 Fällen steht der ehemalige Grünen-Politiker Michael Osterburg in Hamburg vor Gericht. Er soll sein Privatleben zwischen 2015 und 2019, zu dem damals auch seine Lebensgefährtin, die Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) gehörte, mit Fraktions-, also Steuergeldern finanziert haben. Die beiden haben ein gemeinsames Kind und in der Zeit, um die sich die Vorwürfe drehen, zusammengelebt.
Laut der Gallina unterstellten Staatsanwaltschaft hat die grüne Regierungspolitikerin von den Taten ihres Lebensgefährten allerdings nichts gewußt. Man habe die 39jährige dazu befragt, und sie habe eine Mitwisserschaft verneint. Es ergebe sich „kein zureichend tatsächlicher Anhaltspunkt“ für eine strafrechtliche Beteiligung.
Reise mit Gallina nach Malta abgerechnet
Pikant ist in dem Zusammenhang jedoch eine Reise des Paares nach Malta im Mai 2017. Gallina wollte damals mit einer Fahrt auf dem Flüchtlingsboot „Sea Eye“ Migranten nach Europa holen. Ihr Lebensgefährte begleitete sie und rechnete nicht nur 800 Euro private Reisekosten bei der Grünen-Fraktion in Hamburg-Mitte ab, sondern auch mehrere Bewirtungen, darunter ein Hummeressen für 230 Euro.
Mit wem er am Tisch saß, womöglich Gallina, die damals Grünen-Landesvorsitzende war, will er nicht sagen. Antworten auf Fragen des Vorsitzenden Richters André Hienzsch dazu verweigerte er. Dabei berief er sich auf den „Informantenschutz“.
Kinderbetreuung begleicht der Steuerzahler
In dem Prozeß hat er immerhin zugegeben, daß die kostspieligen Essen keinen dienstlichen Hintergrund hatten. Das Gericht stellte Osterburg trotz der immensen Zahl der Vergehen eine Bewährungsstrafe in Aussicht, sollte er geständig sein.
Auch Kinderbetreuungskosten in Höhe von mehr als 9.200 Euro hat der 55jährige bei der Fraktionskasse abgerechnet. Dies sei aber rechtens, beharrte er. Ansonsten käme tatsächlich Gallina, die ihre Magisterarbeit über schwarz-grüne Koalitionen geschrieben hat, ins Spiel. D, enn als Mutter konnte sie bei der Betreuung des gemeinsamen Kindes nicht völlig außen vor sein.
Grüner überweist sich 10.000 Euro
Weitere 10.000 Euro, die sich der Grünen-Politiker vom Konto der Fraktion auf sein eigenes überwiesen hatte, seien ebenfalls nicht zu beanstanden, sagte Osterburgs Anwalt. Damit habe er Einkäufe getätigt, die mit der Partei abgesprochen worden waren. Das Urteil wird in den kommenden Wochen erwartet. (fh)