BERLIN. Deutschlands Behörden haben derzeit über hundert Linksextreme zur Fahndung ausgeschrieben. „Zum Erhebungsstichtag am 31. März 2023 bestanden bundesweit insgesamt 137 offene, das heißt noch nicht vollstreckte Haftbefehle gegen 104 Personen, die dem politisch linken Spektrum zuzurechnen sind“, teilte die Bundesregierung am Mittwoch in einer Antwort auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Jan Wenzel Schmidt mit.
Während in acht Fällen mit „Priorität 1“ im Zusammenhang mit Terrordelikten gefahndet werde, würden 30 Personen mit „Priorität 2“ wegen Gewaltverbrechen gesucht. 66 weitere unter „Priorität 3“ laufende Täter seien unterdessen im Zusammenhang mit „sonstigen Delikten“ wie Betrug oder Diebstahl aufgefallen.
Behörden verweisen auf bisherige Fahndungserfolge
Die Polizei habe alle Täter zur Fahndung ausgeschrieben. Im Falle von linkextremen Gewaltverbrechen würde zudem das sogenannte Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) hinzugezogen. Die Tatsache, daß zwischen September 2022 und März 2023 insgesamt 66 Haftbefehle vollstreckt worden oder sich auf andere Weise erledigt hätten (z. B. Geldstrafe), zeige allerdings, daß die Polizei die Fahndungen „mit Nachdruck und erfolgreich“ durchführe.
Neun der gesuchten Personen hielten sich mutmaßlich im Ausland auf – etwa in Polen, der Türkei, Frankreich oder Marokko. Im Fall von 18 Personen habe der Haftbefehl seit einem Jahr nicht vollstreckt werden können. Die meisten Haftbefehle seien dabei in den Jahren seit 2021 ausgestellt worden
Bundesregierung schließt Zunahme linksextremer Gewalt nicht aus
„In der gewaltorientierten linksextremistischen Szene stieß das Strafverfahren gegen Lina E. und ihre drei Mitangeklagten bereits seit den ersten Exekutivmaßnahmen und einer Festnahme im Jahr 2020 auf hohe Resonanz“, kommentierte die Bundesregierung die herausgegebenen Daten.
Neben Solidaritätsaufrufen und Protestkundgebungen habe es in diesem Zusammenhang immer wieder auch Straftaten wie Sachbeschädigung oder Brandstiftung gegen Polizei und Justiz, aber auch gegen Telekommunikationsdienstleister, Bau- und Logistikunternehmen oder Fahrzeughändler gegeben. Diesen werde in Bekennerschreiben immer wieder vorgeworfen, den staatlichen „Repressionsapparat“ zu unterstützen.
„In der Entwicklung sind zunehmend erhebliche Gewalttaten zu verzeichnen, die von mehreren Personen in kleinen Gruppen professionell vorbereitet und brutal ausgeführt werden“, betonte die Bundesregierung. Die Schwelle zu einem neuen Linksterrorismus sehen die Sicherheitsbehörden des Bundes demnach aktuell aber noch nicht überschritten.
Schmidt fordert: Linksextremismus endlich ernst nehmen
„Die Tatsache, daß offenbar immer mehr Linksextremisten in den Untergrund gehen, ist mehr als besorgniserregend“, warnte der Bundestagsabgeordnete Jan Wenzel Schmidt. „Aus der Geschichte von RAF und NSU wissen wir, wohin das führt.“
„Wenn Extremisten abtauchen, begeben sie sich auf den Weg in den Terrorismus.“ Es sei höchste Zeit, daß die Gefahr von Links ernst genommen werde, bevor es zu spät sei. (fw)