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Wirtschaft: „Habeck ruiniert mich“ – Wohnungseigentümer über Heizungspläne

Wirtschaft: „Habeck ruiniert mich“ – Wohnungseigentümer über Heizungspläne

Wirtschaft: „Habeck ruiniert mich“ – Wohnungseigentümer über Heizungspläne

Hausbesitzer Marc März weiß nicht, wie lange das Familienhaus noch in seinem Besitz sein wird. Und wer ist Schuld? Grünen-Politiker Robert Habeck mit seinen Heizungsplänen!
Hausbesitzer Marc März weiß nicht, wie lange das Familienhaus noch in seinem Besitz sein wird. Und wer ist Schuld? Grünen-Politiker Robert Habeck mit seinen Heizungsplänen!
Hausbesitzer Marc März weiß nicht, wie lange das Familienhaus noch in seinem Besitz sein wird Foto: JF
Wirtschaft
 

„Habeck ruiniert mich“ – Wohnungseigentümer über Heizungspläne

Heizungen werden ausgetauscht, neue Dämmungen verbaut und Solarpanels aufs Dach montiert. Die Vorgaben der Regierung kosten Immobilienbesitzer Geld und Nerven. Die JF hat einige von ihnen getroffen.
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Haus- und Wohnungseigentümern, Bauunternehmern und auch Maklern droht die Insolvenz. Banken sehen ihr Kreditgeschäft am Boden. Zinsen stiegen in einem Dreivierteljahr von 0,9 auf 4,6 Prozent. Durch Dämmungswahn wird die Altbausubstanz der Häuser so zerstört. Brüssel will Häuser, die bis 2030 nicht energetisch saniert sind, als unbewohnbar erklären. Meldungen, die Angst machen.

Und dann noch der durchgestochene Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums zum Heizungsaustausch. Schwebt das Damoklesschwert der Enteignung über jeder Eigentumswohnung, jedem Einfamilienhaus und jedem vermieteten Wohnraum? Dabei galt doch bis Mitte des vergangenen Jahres der Kauf einer Immobilie noch als eine stabile Kapitalanlage. Die JUNGE FREIHEIT fragte betroffene Immobilieneigentümer, aber auch Makler und Verbände, wie sie die aktuelle Entwicklung erleben.

„Dieser Heizungswahn macht mir den Besitz des Familienhauses unmöglich“

„Habeck ruiniert mich“, faßt Marc März seine aktuelle Situation zusammen. „Dieser Heizungswahn macht mir den Besitz des Familienhauses unmöglich, wenn er das durchzieht.“ März ist Dozent an einer Hamburger Hochschule. Sein Haus steht in Stade, Niedersachsen, rund eine Stunde südwestlich von Hamburg.

Auf drei Etagen verteilen sich drei Wohnungen zu 100 Quadratmetern mit jeweils eigener Heizung und Stromversorgung, alle haben unterschiedliche Technik. Im Erdgeschoß wohnt er selbst, die oberen Stockwerke hat er vermietet. Das Haus hatte einmal einen Wert von 500.000 Euro. Heute, so schätzt er, seien es noch 350.000 Euro.

„Das Haus ist Baujahr 1901, das Dach von Konstruktion und Ausrichtung her ungeeignet für Photovoltaik“, sagt er. Die Außenwände wurden in den 1990er Jahren zur Isolierung verfüllt, die Decken und Böden sind 105 Jahre alt und aus Holz. Der Grundwasserspiegel ist hoch. „Da scheidet Erdwärme aus.

„Weder ökologisch, noch technisch sinnvoll“

Selbst wenn ich eine Riesenanlage in den Garten stelle und meine Nachbarn mich dann wegen des Lärms verklagen, kriege ich die Wärme nicht verteilt durch die verfüllten Wände.“ Natürlich hat sich März beraten lassen. „Fußbodenheizungen scheiden aus. Der Einbau ist laut Heizungsbauern technisch in keiner Form sinnvoll möglich.“

Stade ist eine Kleinstadt. Wirtschaftlich stabil und mit ausreichend Wohnraum gesegnet. März vermiete die 100 Quadratmeter Wohnungen für 750 und 800 Euro kalt. „Mehr ist auf diesem Markt, trotz sanierten Altbaus mit Einbauküche, Stuckdecken und Parkplatz kaum zu erzielen“, sagt er. Das zu erzielende Potential für Mieterhöhungen nach dem Umbau schätzt er auf vielleicht 50 Euro pro Etage und Monat, also 1.200 Euro pro Jahr brutto.

„Ohne Zinsen, Steuern und Inflation habe ich also eine Amortisationszeit von 70 Jahren, für eine weder ökologisch noch technisch und schon gar nicht betriebswirtschaftlich sinnvolle Maßnahme. Und wir sind noch nicht beim steigenden Strombedarf und dessen Preis.“

Ein schwarzes Loch

Unabhängig davon schätzt er die Sanierungskosten für das gesamte Haus auf zwischen 80.000 und 100.000 Euro. „Die einzige Möglichkeit, die sich mir bietet, wäre einen Kredit aufzunehmen, aber das Geld habe ich nicht und müßte schließlich das Haus verkaufen.“ Ein Haus, dessen ist sich März sicher, würde er in diesen Zeiten nicht kaufen.

„Besitzer von Bestandsimmobilien investieren in ein schwarzes Loch“, sagt Silke Schröder, Immobilienmaklerin aus Berlin. Über ihre Firma primobilia ist sie sowohl für Privat- als auch Geschäftskunden tätig. Sie hält die derzeitigen politischen Entscheidungen für ein Programm, das „die Bildung von Eigentum verunmöglicht“.

Bis Sommer 2022 übertraf die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt das Angebot. Das habe sich geändert. Der Immobilienmarkt sei zwar noch nicht eingebrochen, aber ein deutlicher Rückgang, so Schröder, sei bemerkbar. Das habe Preissenkungen zur Folge. „Wir sprechen hier aktuell in bestimmten Lagen und Regionen schon von einem Preisabschlag von bis 20 Prozent.“

Hunderte Vertriebler entlassen

Mitte vergangenen Jahres, mit der Erhöhung der Zinsen in 2022, haben sich insgesamt die Bauzinsen mehr als vervierfacht, vollzog sich eine Vollbremsung auf dem Immobilienmarkt. Doch warum blieben viele Makler und Finanzierer so optimistisch? Weil viele Verträge, die im ersten Halbjahr anberaumt wurden, erst im zweiten Halbjahr zum Abschluß kamen.

Es war also Altgeschäft, das bis zur ersten Zinserhöhung akquiriert worden war und nachwirkte. Jetzt schlägt die Keule zu. Unternehmen mit gutem Controlling haben das frühzeitig gemerkt. Branchenprimus McMakler zum Beispiel hatte schon im vergangenen Jahr Hunderte Vertriebler entlassen.

Doch nicht nur der potentielle Käufer ist vorsichtig geworden, auch die Banken werden zurückhaltender bei der Kreditvergabe. Es fehle an Planungssicherheit des Kredites. „Projektentwickler haben ihre Projekte storniert, weil kein Gewinn zu erwarten ist“, sagt Schröder. Ganz schwierig wird es jetzt für Immobilienbesitzer, die in den nächsten Wochen und Monaten eine Anschlußfinanzierung benötigen. Viele Finanzierungen seien über Jahre auf Kante genäht gewesen.

„Energetischer Sanierungszwang“

Zur Zeit unterscheidet man in Deutschland neun Energieeffizienzklassen. Sie reichen von A+ bis H und benennen den Energiebedarf eines Hauses. Der ist abhängig von der Heizungsanlage, der Größe, Dämmung und Nutzung des Hauses. „75 Prozent der Haushalte in Deutschland werden mit Gas und Öl geheizt“, so Schröder. Dabei wurden Gasheizungen noch bis zum 24. Januar 2021 für Neubauten und bis 28. Juli 2022 für Sanierungen gefördert. Diese Förderungen wurden mit der Überarbeitung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gestrichen.

Eine energetische Sanierung mit Wärmepumpe, neuen Fenstern, Fassaden und Dachdämmung, Fußbodenheizung und Solarpanels auf dem Dach waren nicht eingepreist. „Bei diesem energetischen Sanierungszwang kommen schnell Kosten von 1.200 bis 1.500 Euro pro Quadratmeter zusammen“, so Schröder.

Ein Treppenwitz der Geschichte

Macht bei einem einhundert Quadratmeter großen Haus 120.000 bis 150.000 Euro aus. „Mit Folgekosten in solchen Höhen hat doch niemand vor fünf oder zehn Jahren gerechnet.“ Und somit werden, wenn die Kredite auslaufen, weitere Immobilien auf dem Angebotsmarkt landen – sie sind für ihre Besitzer einfach unbezahlbar geworden.“

Es mag sich wie ein Treppenwitz dieser Geschichte anhören, daß sich das EU-Parlament Ende März für ein Verbot bestimmter Wärmepumpen ausgesprochen hat. Es handelt sich um Modelle, bei denen per- und polyfluorierte Alkylverbindungen zum Einsatz kommen. Diese sogenannten F-Gase schädigen zwar nicht die Ozonschicht, stoßen allerdings hohe Mengen an Treibhausgasen aus, berichtet der Merkur.

Rechtsunsicherheit und Planlosigkeit

In jedem zweiten Ein- und Zweifamilienhaus-Neubau sei so eine Wärmepumpe schon eingebaut. Eigentümer müßten, sollte das Verbot greifen, entweder ihr Gerät oder das Kältemittel austauschen. Es ist diese Rechtsunsicherheit des Endverbrauchers, sei er Eigentümer oder Mieter, und Planlosigkeit der Gesetzgebung, die den Markt verunsichert.

„Die aktuelle Inflation, wie wir sie zur Zeit haben, ist grundsätzlich schon eine schleichende Enteignung“, sagt Michael von Hauff. Er ist Präsident des Bereiches Management für Immobilien bei FIABCI, dem internationalen Dachverband Immobilienwirtschaft mit Sitz in Paris und Geschäftsführer einer Firma für Beratung von Immobilienmanagement, Herausgeber des Fachbuches „Das große Verwalterhandbuch“.

Neue Gesetze und Verordnungen

Laut Statista sind im Jahr 2018 31,2 Prozent der insgesamt 36,9 Millionen bewohnten Wohnungen in Deutschland im Besitz von Privatpersonen und vermietet. „Allerdings entsteht der Eindruck heute, daß das Vermieten von Wohnungen unleidlich gemacht werden soll“, sagt er.

„Die, zum Teil groteske Anhebung der Grundsteuer, das von Habeck geplante Einbauverbot für Öl- und Gasheizungen, der gescheiterte Versuch eines Mietendeckels in Berlin und die immer neuen Gesetze und Verordnungen, die erlassen werden, die ohne juristische Begleitung vom einzelnen Eigentümer nicht bewältigt werden können.“

„Diese Gesetzesmenge ist einfach irre“

Abgesehen vom Habeckschen Einbauverbot für Öl- und Gasheizungen nennt er die immer neuen Gesetze und Verordnungen, die erlassen werden. „Da gibt es zum Beispiel das Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG), das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) oder die Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV).

„Diese Gesetzesmenge ist einfach irre“, sagt von Hauff, und man hört diese Mischung aus Verachtung, Empörung und Ironie in der Stimme. „So werden Eigentümer in die Richtung des Verkaufs gedrängt. Der Eigentümer soll es dem Staat billig verkaufen oder gleich vererben.“

Etwas war im Busch

Christina Rautenberg ist gelernte Krankenschwester, verheiratet und will ihre 1999 erworbene Wohnung nicht an den Staat vererben. 150 Quadratmeter Dachgeschoß auf einer alten Zigarrenfabrik, nennt sie ihr Eigentum, in dem sie und ihr Mann wohnen. „Die Wohnung ist sensationell, sie war unsere Altersversorgung“, erzählt sie. „Ende vergangenen Jahres begann das Geraune, daß etwas im Busch sei. Aber man denkt doch, erst mal abwarten. Und dann überlegt man sich, was man tun könnte.“

Rautenbergs Nachbarn haben Fußbodenheizung, sie ist die einzige, die über Gas heizt. „Die Europäische Union will ja keine Wärmepumpen, da überlegt man sich, ob man wieder mit Briketts heizt, aber wir haben keinen Keller.“ Rautenberg ist schuldenfrei.

„Umbauten kosten sicher eine Stange Geld, so bis zu 100.000 Euro. Ich will keine Schulden mehr. Und wer soll mir denn, ich bin 56 Jahre alt, noch einen Kredit geben?“ Einen Immobilienteilverkauf, wie ihn zum Beispiel der international tätige Makler Engel & Völkers offensiv im Internet bewirbt, sieht Rautenberg kritisch. „So wie auch die Stiftung Warentest und auch die BaFin“, sagt sie. „Das ist doch eine Milchmädchenrechnung.“

Spekulativ und mit erheblichen Risiken verbunden

In einer Verbrauchermitteilung warnt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): „Ein Immobilien-Teilverkauf ist für Haus- oder Wohnungseigentümer selten die beste Lösung“, berichtet Thorsten Pötzsch, BaFin-Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht und Asset-Management. Ein Teilverkauf sei riskant und könne teuer werden.

„Aus Verbraucherschutzsicht kann ich nur davor warnen, den allgegenwärtigen Werbeversprechen für Immobilen-Teilverkäufe blind zu vertrauen“, so Pötzsch. Als Gründe listet die BaFin auf: Ein Teilverkauf sei spekulativ und mit erheblichen Risiken verbunden. Das Nutzungsentgelt, das an den Miteigentümer der Immobilie zu zahlen ist, sei erheblich. Bei Zahlungsschwierigkeiten droht „unter Umständen ein Auszug wider Willen“.

Das gleiche könne möglicherweise auch passieren, wenn das Unternehmen, das den Immobilienteil gekauft hat, insolvent wird. Hinzu kommt: Die laufenden Kosten der Immobilie tragen die Alteigentümer oft voll – obwohl es einen Miteigentümer gibt.

Mit Werteverlust verkaufen

„Wir werden unsere Wohnung also mit Wertverlust verkaufen müssen, meine Gedanken gehen ganz klar ins Ausland“, sagt die Krankenschwester. Von Hoff rät hingegen: „Abwarten. Nur so viel machen, wie unbedingt nötig ist. Welche Behörde soll denn vorbeikommen und die Umbauten kontrollieren – und bis die kommt, gibt es vielleicht eine neue Regierung.“

Als „ambitioniert“ bezeichnet Haus & Grund, die Schutzgemeinschaft der Immobilieneigentümer, das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das am 1. Januar 2024 in Kraft treten soll und den Einbau von Gas- und Ölheizungen in Bestandsimmobilien verbieten soll.

„Für die meisten Immobilien bietet das GEG weder technologieoffene noch bezahlbare Lösungen und führt damit für viele private Eigentümer zu einer finanziellen Überlastung“, so Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke. Die Härtefallregelung sei mißlungen. So würde das Lebensalter des Eigentümers, nicht aber dessen finanzielle Verhältnisse eine Entbindung von der Pflicht zum Austausch der Heizungen begründen.

JF 17/23

Hausbesitzer Marc März weiß nicht, wie lange das Familienhaus noch in seinem Besitz sein wird Foto: JF
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