KASSEL. Die Abholzung von Teilen des Reinhardwaldes zur Errichtung von Windrädern hat begonnen. Im Wald, bekannt aus verschiedenen Grimmschen Märchen, stehen Bäume, die bis zu 200 Jahre alt sind. Jetzt werden sie für autobahnbreite Baustraßen gerodet. Denn im Wald rund um das Dornröschenschloß Sababurg sollen 18 Windräder entstehen.
Aus den anliegenden Kommunen engagieren sich neun der elf Bürgermeister gegen die Errichtung der Windräder, etwa der Bürgermeister von Wesertal, Cornelius Turrey (SPD). „Das Land Hessen hat das angetrieben, Habeck feuert das an. Die Grünen im Bund wollen die Windräder im Wald. Und das ohne Sinn und Verstand. Wir machen uns Sorgen um Brandschutz, Belastung des Trinkwassers, um den Lärm für die Bürger“, sagte er gegenüber der Bild-Zeitung.
Grüne Ministerin verteidigt Waldrodung
Federführend geleitet wird das Unterfangen von der Noch-Umweltministerin von Hessen, Priska Hinz (Grüne), da der Wald zu keiner der anliegenden Gemeinden, sondern dem Land Hessen gehört. Die Grünen-Politikerin verteidigte im Gespräch mit Bild das Projekt: „Die Windenergie leistet für die Energiewende und für den Erhalt der Natur einen entscheidenden Beitrag. Nur so können Wälder und wichtige Ökosysteme erhalten werden.“
Seit Baubeginn für die 241 Meter hohen Windräder flüchten Tiere aus dem Reinhardswald, darunter auch Luchse, von denen es 2018 nur rund 130 Tiere gab. Gegen die Abholzung und Zerstörung des Lebensraums der seltenen Tiere demonstrierte kein Klimaschützer.
Ist der Märchenwald noch zu retten?
Für den Naturschützer und Bundesverdienstkreuzträger Hermann-Josef Rapp eine Tragödie. Seit 1972 arbeitet er im Wald, zunächst als Förster und im Ruhestand als Kenner, der an die 1.000 Führungen leitete. Er gilt als die „Stimme des Reinhardswaldes“. Gegenüber Bild bedauerte er die Abholzung seines Waldes: „Es ist das Schatzhaus der europäischen Wälder. Ein Ensemble der Sonderklasse. Das darf man doch nicht dem Fraß der geldgierigen Windkraftliga opfern.“ Rapp engagiert sich bei der Initiative „Rettet den Reinhardswald“.
Hoffnung für ihn und die anliegenden Kommunen liegt im hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU). Nach der Landtagswahl kündigte er an, künftig ohne die Grünen und dafür mit der SPD zu regieren.
Maßgeblicher Treiber hinter der Errichtung der Windräder ist jedoch Berlin. Denn bis 2035 soll die gesamte Stromversorgung auf Wind- und Solarkraft umgestellt werden. So wünscht es sich Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen. Anfang dieses Jahres ließ er es gesetzlich festschreiben, daß der Ausbau von Windkraftanlagen im übergeordneten öffentlichen Interesse liege und der öffentlichen Sicherheit des Staates diene. (sv)