MAINZ. Der Anteil abgelehnter Anträge auf Unterstützung für Gewaltopfer ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Die dafür zuständigen Versorgungsämter wiesen im Jahr 47,3 Prozent der Begehren zurück, während die Zahl im Vorjahr 46,7 Prozent betrug, teilte der Opferhilfeverein „Weißer Ring“ mit. Die Antragsquote – also der Anteil der Opfer, die überhaupt Anträge auf Entschädigung stellen – hingegen lag bei 7,6 Prozent und war nach Angaben der Organisation „so schlecht wie noch nie“.
Weitere 26,5 Prozent der Entschädigungsanträge galten als „erledigt aus sonstigen Gründen“. Diese umfassen nach Angaben des Vereins unter anderem den Tod des Antragstellers, die Weitergabe des Falls in ein anderes Bundesland oder die Rücknahme des Antrags durch die Betroffenen, wobei die Vereinigung einen „großen Teil“ der auf diese Weise erledigten Formulare der letzten Option zurechne. Nur die restlichen 26,2 Prozent der Anträge wurden genehmigt, was die zweittiefste Anerkennungsquote darstelle. Lediglich im Jahr 2019 lag die Zahl tiefer.
Grundsätzlich stehen in Deutschland Opfern vorsätzlicher Gewalttaten, die dadurch eine gesundheitliche Schädigung erleiden, Entschädigungszahlungen zu. Dies gilt laut Bundesregierung auch für Hinterbliebene von Personen, die infolge der Gewalttat verstorben sind.
Länder in der Verantwortung
Die Bundesgeschäftsführerin des Weißen Rings, Bianca Biwer, bezeichnet die Statistik als „ein Trauerspiel“ und brachte ihren Unmut zum Ausdruck: „Jedes Jahr veröffentlichen wir die aktuellen Zahlen zur Opferentschädigung, jedes Jahr mahnen wir bei Politik in Bund und Ländern Verbesserungen an – und trotzdem müssen wir im Folgejahr regelmäßig neue Negativrekorde vermelden.“
Sie lobte zugleich die 2019 von der Großen Koalition beschlossene und im kommenden Jahr vollständig in Kraft tretende Neuregelung der Opferentschädigung und mahnte: „Die Verantwortung dafür, daß die neuen Regelungen auch tatsächlich die gewünschte Wirkung entfalten können, liegt nun bei den Landesparlamenten und Landesregierungen.“ Die Zahlen in den einzelnen Bundesländern variieren stark: Während Mecklenburg-Vorpommern mit 50,5 Prozent die höchste Anerkennungsquote verzeichnet, liegt diese in Schleswig-Holstein bei 18,2 Prozent. Somit ist das nördlichste Bundesland Schlußlicht. (kuk)