BÜSUM. 400 Trecker und 60 Kutter tockern Richtung Norden. Ihr Ziel: Büsum. Denn hier, an der Nordseeküste in Schleswig Hollstein, tagen ab heute die Agrarminister. Gestern trafen schon ihre Staatssekretäre ein. Eine Demonstration von Land und zur See ist die Reaktion darauf. Bauern und Krabbenfischer protestieren gegen die Agrarpolitik der EU und des Bundes.
„Natur ist die ganze belebte Umwelt, also kein bürokratisch definierbarer Zustand, sondern zum Beispiel hier an der schleswig-holsteinischen Westküste eine seit Jahrhunderten von Bauern, Schäfern und Fischern gestaltete Kulturlandschaft im Wandel“, sagte Jann-Harro Petersen von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN, der Interessenvertretung der bäuerlichen Familienbetriebe. „In dieser von Gott gesegneten Natur produzieren wir Lebensmittel für Menschen, und es hat weder der Natur noch den Menschen bisher geschadet.“
Die EU wie auch die Bundesregierung sehen das anders. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) plant einen Umbau der Landwirtschaft hin zu weniger Tieren pro Stall. „Es ist aus Sicht des BMEL alternativlos für Betriebe, Umwelt und Klima, daß die Tierhaltung zukunftsfest aufgestellt werden muß“, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums von Özdemir, die dem digitalen Medienhaus „Table.Media“ vorliegt, berichtet die Deutsche Presse Agentur.
„In der Natur gibt es keinen Ursprungszustand“
Doch die deutsche Agrarwirtschaft wird auch durch die EU unter Druck gesetzt. Deshalb protestieren Bauern und auch Fischer gegen die geplante EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur. Die Folge sind Bewirtschaftungseinschränkungen. Hier ist das von der EU-Kommission geplante Verbot von Grundschleppnetzen in Schutzgebieten zu nennen, daß, und selbst Özdemir räumt das ein, „gravierende Folgen für die deutsche Krabbenfischerei hätte“.
Kürzlich haben um die 20 Kutter den #Büsumer Hafen verlassen, um ihrem Protest auf dem Wasser Ausdruck zu verleihen.Zeitgleich findet eine Demo mit rund 150 Teilnehmern an der Freitreppe am Museumshafen statt. Der Verlauf aller Aktionen war bisher sehr friedlich. pic.twitter.com/Ks2CIrUgz1
— Polizei SH (@SH_Polizei) March 23, 2023
Bereits die Vorstellung, Natur müsse „wiederhergestellt“ werden, offenbare eine völlig bornierte Herangehensweise der Brüsseler Bürokraten, die sich viele deutsche Agrarpolitiker leider zu eigen gemacht hätten, bedauert Petersen. Er bewirtschaftet in der Nähe von Büsum einen Milchviehbetrieb: „In der Natur gibt es keinen Ursprungszustand, der wiederhergestellt werden könnte – nichts belegt dies eindrücklicher als unsere Küstenlinie an der Nordsee in den vergangenen 500 Jahren.“
Die EU-Vorgaben würden vielmehr auf eine Wiederherstellung von Wildnis und Hungersnöten zielen und damit auf eine schleichende Enteignung der Menschen, die hier seit vielen Generationen nachhaltig wirtschaften, kritisiert der 45jährige Bio-Landwirt. Aus dem guten Ansatz des Naturschutzgedankens, Rückzugsgebiete für seltene Tiere und Pflanzen vor Zerstörung zu bewahren, sei ein totaler Vormachtsanspruch grüner Ideologen über den ländlichen Raum geworden. Petersen: „Sie wollen uns aus der Fläche drängen, aber wir weichen nicht.“ (mec)